17. Juni 2013 | 10:41 | Kategorie:
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Technische Beschneiung und alpiner Tourismus

Auch wenn die erste Hitzewelle des Jahres ein kurioser Zeitpunkt sein mag, um über den Winter zu schreiben, tue ich es dennoch im Bewusstsein, dass der nächste Winter bestimmt kommt. Dabei greife ich auf aktuelle Studienergebnissen zur Bedeutung der technischen Beschneiung für den alpinen Tourismus zurück, präsentiert in einer fachlich versierten, international besetzten Gesprächsrunde.

Kompetente Kernaussagen

Hier nun einige Kernaussagen aus den Ausführungen von Robert Steiger (MCI Tourismus) auf der Grundlage wissenschaftlich fundierter Untersuchungen in Bayern, Graubünden, Südtirol, Vorarlberg und Tirol sowie von Erich Gummerer, CEO bei TechnoAlpin in Bozen, einem der weltweit innovativsten Produzenten von Beschneiungssystemen.

Skibetrieb in den nächsten 30 Jahre gesichert
Alle Erkenntnisse weisen darauf hin, dass allein auf der Grundlage des heutigen Standes der Beschneiungstechnik in hoch gelegenen Skigebieten in den nächsten 30 Jahren Skilauf in ausreichendem Umfang möglich ist. Das sind zugleich die Skigebiete mit den größten Pistenflächen und sie sind die Wirkungsstätten der großen Player im Wintersportgeschäft, die auch über die höchste Entwicklungskompetenz verfügen. Das Ranking beim Anteil hoch gelegener Skipisten führt Graubünden an, Stiefkind unter den Vergleichsgebieten ist Bayern.

Kleine und niedrig gelegene Skigebiete: die Sorgenkinder
Kleine und niedrig gelegene Skigebiete sind und bleiben Problemfälle, was im TP-Blog ja schon mehrfach erörtert wurde – einschließlich möglicher Lösungen. Und diese können nicht in der Förderung nach dem Gießkannenprinzip liegen. Sinnvoll sind vielmehr landesweite Masterpläne, welche die Grundlagen liefern für die Ausweisung der erhaltenswerten Kleinskigebiete auf der einen Seite und dem geordneten Rückzug auf der anderen Seite. Dabei sind neben betriebswirtschaftlichen Überlegungen auch die sozialen Funktionen von Kleinskigebieten zu beachten, haben sie im Winter doch eine ähnliche Aufgabe wie Fußballplätze und andere Sportinfrastrukturen im Sommer.

Vielschichtige Herausforderungen
Die wahren Herausforderungen liegen aber nicht in der Möglichkeit der technischen Beschneiung. Das unterstreicht Erich Gummerer mit seiner Aussage, dass in seinem Unternehmen noch nie so viele Ideen für die Weiterentwicklung von Beschneiungsanlagen vorhanden waren wie derzeit. Energieeffizienz, sparsamer Einsatz der Ressource Wasser oder die durchgängige, punktgenaue Steuerung von Beschneiungssystemen sind nur einige aktuelle Stoßrichtungen.

Die eigentlichen Herausforderungen für den alpinen Skilauf liegen demnach weder im Klimawandel noch in der Beschneiungstechnik, sondern sie werden sichtbar, wenn man einen aufmerksamen Blick auf die Märkte wirft: Demografischer Wandel, geänderte Lifestyles oder neue Prioritäten im Freizeitverhalten sind nur einige der Stichworte. Dazu kommen die steigenden Kosten für den Wintersport, die erwarten lassen, dass der Skilauf früher oder später zum elitären Sport und damit zum Minderheitenprogramm mutiert.

Substitution in der Produktentwicklung
Die Marktsättigung ist nicht zu übersehen, substituierende Produktentwicklung ein Gebot der Stunde. Es gilt, die verfügbaren Zeitfenster für die Erarbeitung geeigneter Strategien zu nutzen und in konkrete Produktentwicklungen überzuleiten. In der Industrie ist dieser Prozess im Gang: So befasst sich z.B. TechnoAlpin nicht mehr allein mit Schneeanlagen, sondern nutzt sein Know-how in der Zerstäubung von Wasser und in der Kältetechnik für Produkte, die im Baugewerbe, im Recycling oder in neuen touristischen Anwendungsgebieten zum Einsatz kommen.

Auch im Tourismus gilt es die Zeit für die Schaffung neuer Produkte zu nützen, was aber nicht überall in gleicher Weise und auch nicht flächendeckend möglich sein wird. Vielerorts wird bereits sehr gute Arbeit geleistet, wohl auch im Bewusstsein, dass wir im alpinen Tourismus eher nicht mit einem zweiten Jahrhundertwunder rechnen dürfen, wie der Skisport eines war und nach wie vor noch ist.

Priorität für Kommunikationsstrategien
Angesichts der zunehmenden Bedeutung der technischen Beschneiung und den immer noch vorhandenen Vorbehalten ihr gegenüber, sind wirksame Kommunikationsstrategien mit glaubwürdigen Inhalten gefragt Das erfordert den Schulterschluss aller relevanten Kräfte im Tourismus und auch in der Regionalpolitik, die sich zur Sicherung des Lebens- und Wirtschaftsraumes im Berggebiet bekennt.

Das aktive Zusammenwirken aller Kräfte ist also gefordert. Die Initiativen müssen grenzüberschreitend vorangetrieben werden, sitzen die zentralen Alpenländer doch alle im gleichen Boot. Es gilt die vielfältigen Effekte darzulegen, die von der technischen Beschneiung ausgehen. Dann wird nämlich sichtbar, dass technische Beschneiung, optimal konzipiert und eingesetzt, trotz des Ressourcenverbrauchs einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung und Bewirtschaftung alpiner Lebens- und Erholungsräume leistet, und das mit einer durchaus nachhaltigen Perspektive.

18. Juni 2013, 8:09

Eine Möglichkeit der Destinationsentwicklung für großstadtnahe Voralpenregionen könnte die Positionierung als Pensionssitz für Best Ager bzw. Großeltern sein: Gesünderer, naturnaher Lebensraum mit ländlichem Charakter, verlassene Immobilien, unausgelastete Hotels, dörfliche und damit sozial verträgliche Infrastruktur, etc. – und für Verwandte in 1-1/2h zu erreichen. Damit würden der Landflucht entgegengewirkt und die Regionen durch neue Bewohnerinnen und Bewohner wiederbelebt werden. Ein 4-Faches „Win“ wäre die Folge: Lebensqualität im Alter, Regionale Wertschöpfung, ökologische Verträglichkeit und Erfüllung einer gesellschaftspolitischen Notwendigkeit.

19. Juni 2013, 12:39

„Angesichts der zunehmenden Bedeutung der technischen Beschneiung und den immer noch vorhandenen Vorbehalten ihr gegenüber, sind wirksame Kommunikationsstrategien mit glaubwürdigen Inhalten gefragt.“

Wäre es nicht richtiger und wichtiger, Inhalte zu vermitteln, die wahr sind, statt nur glaubwürdig?

Ich finde es vernünftiger, eine Regionalentwicklung zu denken, die den Gegebenheiten angepasst ist und nicht umgekehrt die Umweltfaktoren beeinflussen zu wollen, um auf Teufel komm raus eine spezielle Freizeitwirtschaft zu erhalten.

Wer sagt denn, dass Winter ohne oder mit wenig Schnee nicht auch anderen Erholungsmöglichkeiten Platz bietet.

Ihr Ansatz der koordinierte, kreativen Öffentlichkeitsarbeit für technische Beschneiung macht mir Angst.

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