17. März 2014 | 14:47 | Kategorie:
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Verhältnismässigkeit

Die Stadt Innsbruck hat über ihre Immobiliengesellschaft einen Architektenwettbewerb für die Neugestaltung der Umbrückler Alm durchgeführt. Über die Qualität des Siegerprojektes von Lutz & Ludescher kann man trefflich diskutieren. Auch über die Frage, wie moderne Architektur um alpinen Raum den Tourismus aufwertet. Doch darf ich hier auch die Gretchenfrage stellen: Ist es wirklich Aufgabe der öffentlichen Hand (in unserem Fall der Stadt Innsbruck), geschätzte 2,5 Millionen Euro in eine Almgastwirtschaft zu investieren?

18. März 2014, 7:43

würde die autorin in innsbruck wohnen, würde sie wissen, dass das ein bombengeschäft für alle wird.

18. März 2014, 10:27

Die Autorin hat 15 Jahre in Innsbruck gewohnt und sich mit den öffentlichen Finanzen der Landeshauptstadt auseinandergesetzt. Wenn es ein Bombengeschäft ist, was hat die öffentliche Hand dann mitzumischen?

18. März 2014, 15:46

Ich als passionierte Innsbruckerin kann die Autorin in Ihrer Argumentation nur voll unterstützen. Die Stadt Innsbruck hätte sicher prioritärere Zukunftsprojekte als die Umbrüggler Alm um EUR 2,5 Mio. Wenn die Almgastwirtschaft schon so ein Geschäft (über wieviele Monate?), dann könnte man auch eine öffentlich-private Partnerschaft (PPP) daraus machen. Die Alm gehört der Stadt Innsbruck.

19. März 2014, 8:17

Die Stadt Innsbruck verzerrt mit solchen Aktionen den Markt.
In diesem Gebiet sind noch andere bewirtschaftete Almen und die haben dann weniger Geschäft.
Oder noch schlimmer es zieht Wanderer von anderen Bergen an. Dann haben alle Hütten und Almen im Großraum Innsbruck weniger Geschäft.
Lösung: Rücktritt vom Bürgermeiter und allen Gemeideräten die dem zugestimmt haben plus Zwangsversteigerung Ihres Eigentums und Zuführung des eingenommenen Geldes an die geschädigten Almen und Hütten im Großraum Innsbruck.

30. März 2014, 10:15

Dass die mediale Berichterstattung über die Kosten für den Neubau einer Almwirtschaft die Frage nach der Verhältnismäßigkeit aufzuwerfen vermag, ist verständlich. Daher kann es hilfreich sein, die Sache anhand einiger Punkte aus der Nähe zu betrachten.

Die Innsbrucker Nordkette ist so etwas wie das „zweite Wohnzimmer“ der Innsbrucker Bevölkerung und der dortige Wald mit seinen Freizeiteinrichtungen die „größte Sportanlage“ der Tiroler Landeshauptstadt. Mit einer Ausnahme sind dort alle Almen im Eigentum der Stadt. Mit dem Brand und der Abtragung der Umbrüggler Alm im Jahre 1979 ist im Netz der Almwirtschaften eine (auch emotionale) Lücke entstanden, die mehr als dreißig Jahre lang beklagt wurde und die nun geschlossen wird. Denn neben ihrer Erholungsfunktion besitzen die Innsbrucker Almen auch eine wichtige soziale Funktion, treffen sich dort doch alle Gesellschaftsschichten und fahren, laufen, sitzen, trinken, essen, lachen ohne jeden Standesdünkel miteinander und nebeneinander. Das „Du“ ist die Regel, das „Sie“ die Ausnahme.

Von den fünf Almen im Innsbrucker Teil der Nordkette liegen drei in mittleren Höhenlagen bis zu 1200 m und damit in einem Bereich, der am südseitigen Hang von Februar bis in den November hinein mehr oder weniger schneefrei und für jedermann zugänglich ist. Daher besitzen dieses Almen im Frühjahr und im Herbst eine Alleinstellung, was zur Folge hat, dass sich hier an Wochenenden tausende von Mountainbikern, Wanderern und Spaziergängern aufhalten.

Die neue Umbrüggler Alm wird in Anlehnung an die Markenwerte der Stadt Innsbruck und aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zum Naturpark Karwendel drei Funktionen wahrnehmen: Erholung, Bewusstseinsbildung, Nachhaltigkeit.

Funktion Erholung: Sie wird neben der gastronomischen Betreuung durch die Baustoffe und die Gestaltung des Gebäudes gewährleistet: Vollholz unter Verwendung von Weißtanne, offener Kamin, heimelige Atmosphäre durch niedere Traufhöhen, Sitzbank entlang der südlichen Hauswand mit Blick auf Innsbruck etc.

Funktion Bewusstseinsbildung: Der Alpenpark Karwendel, der größte Naturpark Europas, von dem weite Teile zum Gemeindegebiet von Innsbruck gehören, wird in Form eines Ausstellungs- und Seminarraums in die Umbrüggler Alm hereingeholt. Damit sollen Verständnis und Bewusstsein der städtischen Bevölkerung für die Belange der Natur geschärft werden.

Funktion Nachhaltigkeit: Sie wird u.a. gewährleistet durch die Einhaltung höchster Energiestandards, CO2 Neutralität sowie den Baustoff Holz und das vor Ort gewonnene Holz für Heizzwecke.

Angesichts dieser Funktionen und Qualitäten relativieren sich die Kosten für das Projekt, die im Hinblick auf den Standort und die Aufwendungen für vergleichbare Bauten marktüblich sind. Das schlüsselfertige Gebäude (3.000 m3 umbauter Raum) kostet 1,9 Mio. Euro, die Aufwendungen für kulturtechnische Investitionen (Anschlüsse etc.) liegen bei 0,6 Mio. Euro.

Das Investment Umbrüggler Alm ist eine Infrastrukturinvestition, vergleichbar mit jenen für städtische Parks, Sportplätze oder Kletterhallen und sie ist angesichts der genannten Funktionen sowie aufgrund der Tatsache, dass die Stadt Innsbruck Eigentümerin ist, absolut berechtigt. Und was die Mitbewerber am Nordkettenhang anbelangt, so ist festzuhalten, dass drei von vier den Neubau und damit den Lückenschluss im Netzwerk der Ausflugsgasthäuser begrüßen und nur einer, der sich aber ohnehin permanent an seiner oberen Kapazitätsgrenze bewegt, die Sache kritisch sieht, weil er in der Tat mit einer Umverteilung von Gästen rechnen muss. Diese Entzerrung und Lenkung der Besucherströme ist von der Eigentümerin der Objekte aber gewünscht, geht es doch auch um die nachhaltige Sicherung der Erholungsraumqualität am Innsbrucker Nordkettenhang.

6. September 2014, 9:07

All die oben gestellen Fragen und Gedanken wird man wohl nicht im Sinne aller beantworten können. Interessant wäre, was wäre, wenn die Stadt die Investition nicht getätigt hätte.
Das Karwendel ist jedenfalls eines der Ziele für Einwohner und Gäste. So wird hier zumindest wieder ein Geld zurückfliessen.

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