8. Januar 2017 | 22:00 | Kategorie:
3

China: Millionen für den Skilauf?

Felszeichnungen im Altai zeigen, dass es im Nordwesten von China schon vor tausenden Jahren skilaufende Jäger gegeben hat. Der Kurzfilm „China: A Skier’s Journey“ von Jordan Manley beschreibt diese immer noch gelebte Tradition eindrucksvoll. Angesichts der Größe und des Bevölkerungsreichtums des Landes sowie seiner rasanten wirtschaftlichen Entwicklung wundert es nicht, wenn im Film von aktuell 568 chinesischen „Skigebieten“ die Rede ist. Im Jahr 1990 soll es noch kein einziges gegeben haben.

Meine persönlichen Erfahrungen mit Yabuli in der nordöstlichen Provinz Heilongjiang, lange Zeit das bekannteste Skigebiet in China, sind mehr als zehn Jahre her. Damals hat sich Harbin als Hauptstadt von Heilongjiang nach einer 2002 gescheiterten ersten Bewerbung um Olympische Winterspiele als Austragungsort der Winteruniversiade 2009 zu profilieren versucht. Die Olympischen Winterspiele 2022 gingen jedoch bekanntlich nicht nach Harbin, sondern an die Hauptstadt Peking mit zwei weiteren „Clustern“ namens Yanging und Zhangjiakou, in denen auch jeweils alpine Bewerbe stattfinden werden.

Das offizielle China wird alles daran setzen, dass die Olympischen Winterspiele 2022 ein ähnlicher Erfolg wie die Olympischen Spiele 2008 in Peking werden. Dazu gehören auch viele Millionen, die in die Infrastruktur der Wettkampfstätten für den Skilauf investiert werden (müssen). Die natürlichen Voraussetzungen in den Skigebieten rund um Yanging und Zhangjiakou sind jedoch eher ungünstig, Wasser für die Schneeproduktion ist rar. Außerdem soll der Skilauf bzw. der Besuch von Bergresorts in China zu einem gängigen Freizeitvergnügen werden. Selbst wenn nur ein Bruchteil der Bevölkerung aus der städtischen Mittel- und Oberschicht für den Skilauf erreicht wird, reden wir über Millionen von Menschen.

Was bedeutet diese Entwicklung für Österreich? Die großen Produzenten aus der Wintersportindustrie engagieren sich schon länger am chinesischen Markt. Im Ganzjahres-Resort Genting Secret Garden, bei den Olympischen Winterspielen 2022  Austragungsort von Freestyle- und Snowboard-Bewerben, wurde beispielsweise bereits 2012 eine Kombibahn von Doppelmayr fertiggestellt (siehe Foto unten). Den größten Bedarf wird es wohl bei der „Software“ geben. Denn wenn Skischule und Skiverleih nicht funktionieren, kommen auch die modernsten Aufstiegshilfen, Zutrittssysteme, Beschneiungsanlagen und Pistengeräte nicht zur Geltung. Eine von Landeshauptmann Günther Platter angeführte Tiroler Wirtschaftsdelegation hat 2015 die Region Zhangjiakou besucht. Dabei wurde die Zusammenarbeit mit Kitzbühel, insbesondere auch im Bereich des Skilehrwesens, in Aussicht genommen.

Den chinesischen Markt für Skiurlaub in Europa zu gewinnen widerspricht wohl jeder Dekarbonisierungsstrategie, dennoch ist auch das ein Thema: Genting Secret Garden (dahinter steht eine malaysische Gruppe) ist bereits 2013 eine strategische Partnerschaft mit der Weisse Arena Gruppe / LAAX eingegangen.

Seit geraumer Zeit zeigen chinesische Investoren Interesse an der heimischen Skiindustrie (Atomic, Blizzard, Fischer, Head), umgekehrt ist diese auch Teil eines Network Winter China: Österreichisches Know-how soll chinesischen Partnern gebündelt angeboten werden. Die nächste Gelegenheit für bilaterale Gespräche bieten die Fachmessen ISPO BEIJING und Alpitec China vom 15. bis 18. Februar 2017 in Peking. Im Anschluss organisiert das AußenwirtschaftsCenter Peking unter der Leitung des Wirtschaftsdelegierten Dr. Martin Glatz das ADVANTAGE AUSTRIA Ski Race als „Netzwerkplattform für die österreichische Wintersportbranche in China“.

 

produkte-68cgd_bsglift1-doppelmayr_01

9. Januar 2017, 16:38

Zunächst zur Kombi-Bahn aus Vierersessel und Gondel auf den beigefügten Bild: Wir können stolz darauf sein, dass die Firma Doppelmayr mit Stammsitz in Österreich auf der ganzen Welt präsent ist, so auch in China. Gerüchten zufolge scheint dort aber nicht überall Doppelmayr drinnen zu sein wo Doppelmayr draufsteht. Aber das ist wohl das kleinere Übel angesichts der Freude, die Wintersportausstatter mit dem boomenden Skimarkt China haben können.

Österreich ist zweifellos in der Lage, exzellentes Wintersport-Know-how nach China zu liefern und Markus Redl benennt auch einige Beispiele. Damit die Dinge funktionieren, sind Professionalität, Achtsamkeit und interkulturelles Verständnis unabdingbar. Sonst könnte im einen oder anderen Fall ein böses Erwachen die Folge sein.

Das zeigt meines Erachtens recht gut das Beispiel des Kleinskigebiets Gaißau-Hintersee im Salzburger Land, wo im Jahre 2014 ein chinesischer Investor mit einer 75 % Beteiligung eingestiegen ist. Zum einen wollte der Mann aus Peking – laut Medienberichten – mit der Kooperation im Hinblick auf Olympia 2022 etwas über die Organisation und den Ablauf von Veranstaltungen im Wintersport lernen und zum anderen sollte mit dieser Investition das stadtnahe Skigebiet gerettet und dann auch weiterentwickelt werden. Was auch immer die Hintergründe sein mögen: Das Theater, das daraus entstanden ist, konnten wir in den letzten Tagen in den Medien live miterleben (siehe http://salzburg.orf.at/news/). Möglicherweise sind beide Partner mit falschen Erwartungen in den Deal hineingegangen. Ziemlich sicher der Chinese, denn im Eventbereich sitzen die Profis woanders.

Noch kurz zur Dekarbonisierungsstrategie: Diese müssen wir sehr ernst nehmen! Wir können und sollen unsere Skiläufer in allererster Linie im näheren und weiteren Umfeld der Alpen suchen, und da ist das Potenzial laut MANOVA bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Unsere Tourismuswirtschaft ist nicht glaubwürdig, wenn sie sich um einen energieeffizienten Betrieb der Skigebiete, die Forcierung der Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder die Verkehrsberuhigung in den Destinationen (u.a. auch ein Argument für Skigebietszusammenschlüsse) bemüht, um dann die Skitouristen aus den entferntesten Regionen der Welt einzufliegen. Schon gar nicht dürfen vor diesem Hintergrund die Fernmärkte bemüht werden, um als Argument für weitere quantitative Ausweitungen des Angebots zu dienen.

9. Januar 2017, 17:01

Mal den wirtschaftlichen Aspekt ausser Acht gelassen, stört mich der Begriff „Dekarbonisierungsstrategie“! Was genau soll denn dekarbonisiert werden und zu welchem Zweck? Kohlenstoff ist die Grundlage jeglichen Lebens auf diesem unseren Planeten. Das inzwischen verteufelte CO2 ist pure Pflanzennahrung, da versteh ich nicht ganz warum es eine Dekarbonisierungsstragie gibt 🙂

26. Januar 2017, 4:02

Der Skiboom in China ist im größeren Zusammenhang des Entstehens einer Freizeitgesellschaft im Reich der Mitte zu sehen. Daraus entsteht ein neues, angesichts der hohen Bevölkerungszahl großes Marktpotenzial. Im Fall des Wintersports wirken die Vorbereitungen auf die Olympischen Winterspiele 2022 wie ein Turbo. Österreichische Firmen profitieren schon jetzt von der gestiegenen Nachfrage nach wintersportrelevanter Infrastruktur und Ausrüstung. Voraussetzung für den Erfolg in diesem an Herausforderungen nicht armen Markt ist freilich der Aufbau von Branchenwissen und lokalen Vertriebsstrukturen.

Das AußenwirtschaftsCenter Peking der Wirtschaftskammer Östererich (WKÖ) setzt bereits seit einigen Jahren eine Vielzahl von Aktivitäten, die österreichischen Unternehmen den Einstieg in dieses Marktsegment erleichtern. Der Bogen spannt sich – wie von Markus Redl erwähnt – von Wirtschaftsmissionen über Gruppenausstellungen bis hin zum ADVANTAGE AUSTRIA Ski Race. Letzteres findet Ende Februar 2017 zum achten Mal in den Bergen nordwestlich von Peking statt und hat sich zu einem einzigartigen netzwerk- und imagebildenden Event mit über 300 Teilnehmern entwickelt.

Die Nachhaltigkeit des Wintersportbooms v.a. im Bereich des alpinen Skisports in China hängt meines Erachtens von drei Faktoren ab:

Skifahren muss sicherer werden. Dazu muss u.a. in die Ausbildung von Fachpersonal investiert werden, z.B. in Skischulen und im Skiverleih.

Skifahren darf nicht zu teuer werden. Schon jetzt kosten Tagesskipässe mitunter mehr als in österreichischen Top-Destinationen. So wird sich der Skisport nie zum Breitensport mausern.

Skifahren muss Spaß machen. Dazu gehören die leichte Erreichbarkeit von Skigebieten genauso wie eine ausreichende Zahl von guten Hotels und funktionierenden Liften, benutzerfreundliche Zutrittskontrollsysteme und professionell präparierte Pisten.

Kommentieren

Ihre Daten werden im Rahmen der Kommentarfunktion gespeichert, darüberhinaus aber für keine weiteren Zwecke verwendet. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentar zurücksetzen