11. August 2020 | 00:07 | Kategorie:
3

Kontroll-Tsunami

Aufschläge bei Bankkrediten sind gestiegen

Eines der bekannten Handicaps der Tourismuswirtschaft ist seit jeher die hohe Belastung mit Fremdkapital. Da schlagen sich natürlich die Kosten des Kapitals im Ergebnis des jeweiligen Betriebes nieder. Die Vergabepraxis der Banken ist aus mehreren Gründen immer zögerlicher und die Aufschläge mit jeder Basel-Runde höher geworden. Schließlich werden die Kosten der Administration dieser Auflagen weiterverrechnet. Dank eines allgemein niedrigen Zinsniveaus ist die Zunahme der Aufschläge allerdings nicht wirklich aufgefallen.

überbordende Kontrolleinrichtungen

Jede Finanzkrise hat die Kontrollbürokratie erhöht und eigentlich sollte ein Kreditinstitut das sicherste und krisenfesteste Unternehmen sein. Es wird ja ein ungewöhnlich hoher Kontrollaufwand betrieben, damit nur ja nichts schief gehen kann:

  • Zwei Geschäftsführer, deren Eignung von der FMA geprüft wird, sichern mit dem Vier-Augen-Prinzip eine fehlerfreie Gebarung.
  • Ein bankinternes Risikomanagement passt auf, dass kein denkbares Risiko eine Gefährdung erkennen lässt und bildet dieses durch komplexe mathematische Modelle ab.
  • Eine Interne Revision sorgt dafür, dass bankinterne Prozesse einwandfrei funktionieren und Malversationen und Fehler im Ablauf verhindert werden.
  • Der Aufsichtsrat lässt sich periodisch über aufsichtsratspflichtige Geschäfte berichten, installiert u.a. einen Prüfungsausschuss zur Prüfung der Bilanz und der Geschäftsgebarung und trägt Sorge für eine gedeihliche Entwicklung des Unternehmens.
  • Die Wirtschaftsprüfer prüfen die Zahlen des Jahresabschlusses und bestätigen, dass die ausgewiesenen Zahlen ihre Richtigkeit haben und die Lage der Gesellschaft korrekt abbilden.
  • Ein Staatskommissär des BMF nimmt als Organ der FMA an sämtlichen Sitzungen von Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss teil. Damit stellt man u.a. sicher, dass es keine etwa mit dem Bankwesengesetz nicht in Einklang zu bringende Beschlüsse gibt.
  • Die ÖNB (Österr. Nationalbank) überwacht das Vorgehen der Bank, erhält unterjährig periodische Meldungen um zeitnah über Entwicklungen informiert zu sein. Einmal jährlich wird das Bankmanagement zu einem Gespräch gebeten, um die vergangene und künftige Geschäftsentwicklung darzulegen. Selbstverständlich ist auch der Jahresabschluss der Bank zeitgerecht vorzulegen.
  • Als wäre es noch nicht genug, gibt es da noch die FMA (Finanzmarktaufsicht), die für die Bankkonzession, die Bestellung und den Nachweis der Befähigung der Organe und für allfällige Strafbescheide zuständig ist.
  • Über allem schwebt dann noch die EBA (Europäische Bankenaufsicht), die sicherstellt, dass in den einzelnen europäischen Nationalstaaten das Finanzwesen in guten Händen liegt.

ein großes Loch – und keiner hat´s gesehen

Bei soviel an Kontrollorganen zum Schutz der Bankeinlagen kann man schon einmal den Überblick verlieren. Wenn dann viel zu tun ist, verlässt man sich auch gerne einmal auf die anderen Einrichtungen. Und so kann es passieren, dass bei einer burgenländischen Bank, die scheinbar EUR 794 Mio. an Bilanzsumme aufweist, etwa 88 % davon nie da waren oder mittlerweile schon längst verschwunden sind. Diese kleine Buchhaltungsunschärfe von knapp EUR 700 Mio. ist während eines Zeitraumes von zehn Jahren auch niemandem aufgefallen.

Die Wirtschaftsprüfer zeigen sich enttäuscht über den Vertrauensmissbrauch, der ÖNB-Gouverneur übt sich ausnahmsweise einmal im Schweigen und der Finanzminister findet, dass jetzt nicht die Zeit wäre mit dem Finger auf einzelne Institutionen zu zeigen.

Wer bitte schützt uns vor diesen Einlagenschützern?

11. August 2020, 11:33

Die Ansicht, dass ein Zuviel an Organen der Qualität abträglich ist, teilt auch folgender Artikel:

https://burgenland.orf.at/stories/3061679/

11. August 2020, 20:35

Lieber Franz, deinen aktuellen Beitrag mit dem Titel „Kontroll-Tsunami“ möchte ich zum Anlass nehmen, um dir für die zahlreichen fundierten Beiträge im TP-Blog zu danken, die du seit Beginn des „Corona-Zeitalters“ publiziert hat. Ich lese sie mit großem Interesse. Die Inhalte liefern vielfältige Informationen für all jene, die mit betrieblichen Aspekten des Tourismus zu tun haben. Sie enthalten kritische Anmerkungen und weisen auf Gefahren hin. Und was besonders wertvoll ist: Sie zeigen Lösungen auf und machen somit all jenen Mut, deren erklärtes Ziel es ist, aus dieser schwierigen Phase des Tourismus gestärkt hervorzugehen.

18. August 2020, 11:03

Lieber Franz,
urlaubsbedingt kann ich erst heute auf Deinen fundierten Artikel reagieren. Ich kann mich Peter Heimayer nur vollinhaltlich anschließen. Wertschätzung gebührt Dir auf allen Ebenen! Ich wünschte, Du wärest heute noch in einer verantwortungsvollen Führungsfunktion. Ich schätze Deine analytische Herangehensweise!

Kommentieren

Ihre Daten werden im Rahmen der Kommentarfunktion gespeichert, darüberhinaus aber für keine weiteren Zwecke verwendet. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentar zurücksetzen