26. März 2020 | 16:45 | Kategorie:
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„Nach“ Corona heißt „mit“ Corona

Das öffentliche Leben wird wohl nicht „nach“ Corona, sondern „mit“ Corona neu beginnen müssen – angesichts drohender weiterer Wellen möglichst kontrolliert, wahrscheinlich in kleinen Schritten: ‚business unusual‘ wird ‚business as usual‘.

Das Editorial Board der Washington Post schreibt dazu: „Going back to work too soon is reckless. More time is needed to break chains of transmission. But at some point, return is inevitable. Until a vaccine or drug therapy is found, tested and manufactured, getting back to normal will become a complex social, medical, economic and political problem. The planning should start now, while there is time.“

In Österreich ist seitens der Bundesregierung eine Taskforce mit Fachleuten eingesetzt, die die derzeit bis 13. April 2020 gültigen Maßnahmen (siehe APA-Grafik unten) laufend anpassen soll, sodass es jedoch möglichst nicht zu einem Rückschlag bei den Neuinfektionen kommt. Auf der anderen Seite könnten ja gerade die heimischen Ausflugsziele und Urlaubsorte im Sommer und Herbst 2020 – bei allen Unwägbarkeiten – ein wichtiges Erholungsangebot für die Bevölkerung sein.

Für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft stellt sich daher die Frage, wie ein anfänglicher (Teil-)Betrieb nach dem Lockdown aus epidemiologischer Sicht zu organisieren ist. Es liegt an uns, nicht auf Vorschreibungen der Behörden zu warten, sondern systematisch die jeweilige Customer Journey durchzugehen:

  • Wo und wie können Kontakte reduziert, jedenfalls das Zusammenströmen größerer Menschenmengen verhindert werden?
  • Welche Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter/-innen und Gäste oder zusätzliche hygienische Maßnahmen können ergriffen werden?
  • Welche Materialien müssen daher jetzt beschafft, Leistungen zugekauft oder innerbetriebliche Schulungen durchgeführt werden?

Mit in sich schlüssigen, pragmatisch mach- und kontrollierbaren und am besten branchenweit abgestimmten Konzepten gelingt es vielleicht eher, die Politik für die schrittweise Wiedereröffnung von Tourismusbetrieben zu gewinnen.

27. März 2020, 6:55

Markus Redl spricht aus bereits einigen, aber noch zu wenigen Seelen. Das Virus wird sich nicht einfach und restlos abdrehen lassen, sondern in – künftig freilich kontrollierbaren – Dosen Teil unserer Zukunft sein. Wäre also klug, wenn uns eine entspannte Wachsamkeit dabei helfen würde, die Mitbringsel exzessiver Globalisierung ganz neu zu gewichten. Sehr gern auch in Sachen Urlaub.

30. März 2020, 18:55

Bei der Suche nach Antworten auf die von Markus Redl gestellten Fragen ist wohl auch die Zeitachse zu berücksichtigen. Die Frage stellt sich vermutlich anders bei einer kurz- bzw. mittelfristigen Perspektive (Sommer 2020) als für die Zeit danach, in der Herdenimmunität erreicht und / oder ein wirksamer Impfstoff gegen das Virus verfügbar sein wird. Medienberichten zufolge könnte Letzteres schon heuer der Fall sein. Die unmittelbare Phase nach der Lockerung der strengen Einschränkungen wird wohl die Zeit „mit“ Corona sein.

Dass der heurige Sommer für den Tourismus schwierig wird, darüber besteht breiter Konsens. Im kommenden Winter könnte die Sache aber schon anders ausschauen. Das zeigen u.a. Prognosen für die Schweiz, auch wenn diese noch nachgeschärft werden müssen (siehe htr.ch Tourismus vom 18.03.2020). Dazu ist wichtig zu wissen, dass die Schweiz derzeit in Relation zur Bevölkerungszahl wesentlich stärker von Corona (Infizierte, Tote) betroffen ist als Österreich.

Die Titlisbahnen in Engelberg gehen ebenso wie Jürgen Schmude in seinem aktuellen Interview in der Tiroler Tageszeitung und andere Touristiker davon aus, dass sich der jeweilige Inlandsmarkt sowie die Herkunftsmärkte in Europa am schnellsten erholen werden. Zudem werden in der Schweiz für das Jahr 2021 bereits wieder Verträge mit chinesischen Reiseveranstaltern abgeschlossen.

Ob sich, wie manche hoffen oder fordern, am klassischen Wintersporttourismus Spürbares ändern wird, wage ich zu bezweifeln. Denn zum einen sind die bestehenden, überaus aufwändigen Strukturen ein Faktum und zum anderen werden die typischen Besucher von Wintersportzentren in ihrem Verhalten keine Kehrtwendung um 180 Grad vollführen. Ich bin mir zudem sicher, dass nicht wenige der (mit Stand heute) 2.500 Urlauber, die sich der Corona-Sammelklage des Verbraucherschutzvereins gegen das Land Tirol angeschlossen haben, im kommenden, spätestens jedoch im übernächsten Skiwinter wieder in einer Tiroler Tourismushochburg auftauchen.

Die von Markus Redl angesprochene Reduktion von Kontakten entspricht nicht unbedingt dem Geist des Tourismus. Eigentlich ist das Gegenteil der Fall. Sie könnte sich in einer ersten Nach-Corona-Phase aufgrund der geringeren Nachfrage ohnehin von selbst ergeben. Darüber hinaus kann das Bemühen um die Verringerung von Kontakten eine gute Übung für die immer wieder geforderte Besucherlenkung sein. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf die nächste Welle des Over- bzw. Unbalanced Tourism, den wir in den letzten Monaten häufig beklagt haben und den sich nicht wenige wieder sehnlichst herbeiwünschen.

Was die Schutzmaßahmen für Mitarbeiter und Gäste betrifft, so würde ich das in das Kapitel Optimierung und Innovation einordnen. Dabei wird es bei Mitarbeitern wie bei Gästen notwendig sein, subtil vorzugehen, um nicht bei jeder Gelegenheit Erinnerungen an Corona zu wecken.

Wenn die Corona-Krise den Tourismus auch nicht grundsätzlich verändern wird, so gibt sie doch Anstoß, Neues zu entwickeln und Neues zu lernen und in die Nach-Corona-Zeit mitzunehmen. Dazu gehören beispielsweise die Vertiefung der Nachbarschaftsbeziehungen, der sorgsame Umgang mit älteren Menschen, das bessere Verständnis für die Bedeutung von Regionalität, aber auch die Arbeit im Home-Office oder die Kommunikation per Videokonferenz. Alles Learnings, die auch der Weiterentwicklung unseres klein- und mittelbetrieblich strukturierten Tourismus dienen und dem Lebensraum Destination zugutekommen.

2. April 2020, 15:29

Es ist immer eine Freude, wenn Peter Haimayer einen meiner Beiträge kommentiert. Ich danke dir!

Wahrscheinlich wird die touristische Situation nach erster Lockerung der Ausgangsbeschränkungen sehr unterschiedlich sein – die (Inlands-)Nachfrage könnte zumindest bei Ausflugszielen in der Nähe der Ballungszentren in Ostösterreich hoch sein. Umso wichtiger sind auch aus epidemiologischer Sicht geordnete Verhältnisse.

Wir arbeiten an einem Art Leitfaden zur COVID-19-Prävention für eintrittspflichtige Ausflugsziele im Freien. Wer an Austausch zu diesem Thema interessiert ist, bitte gerne bei mir oder Isabella Hinterleitner (i.hinterleitner@noe-bbg.at) melden.

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