26. September 2016 | 18:12 | Kategorie:
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Schutzhütten im Spannungsfeld von Investition und Rückbau

Der Bergsommer 2016 biegt in die Zielgerade ein und die ersten der 565 Schutzhütten alpiner Vereine in Österreich schließen ihre Pforten. Mit fast 30.000 Schlafplätzen und rund 1 Mio. Nächtigungen sowie einem Mehrfachen an Tagesbesuchern besitzen die Schutzhütten des Österreichischen und des Deutschen Alpenvereins sowie der Naturfreunde einen hohen Stellenwert für den Tourismus.

Unterschiedliche Tendenzen

Im vergangenen August waren in Medienberichten zum Saisonverlauf auf Schutzhütten divergierenden Meldungen zu lesen. In den pessimistischen Aussagen wurden die ungünstige Witterung thematisiert, aber auch die Herausforderungen, mit denen die Schutzhütten wegen der gestiegenen Komfortansprüche und der behördlichen Auflagen in Sicherheit, Brandschutz, Abwasser etc. konfrontiert sind.

Angesichts der Schere, die sich zwischen dem hohen Investitionsbedarf in die z.T. veralteten Strukturen und den oft kurzen Saisonzeiten auftut, werden immer wieder Stimmen laut, das finanzielle Engagement bei den Schutzhütten zu reduzieren. Dies gilt z.B. für Sektionen des Deutschen Alpenvereins, deren junge Mitglieder die Gelder lieber in Kletterhallen in ihrem Wohnumfeld eingesetzt sehen wollen. Das bedeutet aber nicht, dass der Rechenstift generell die Notbremse ziehen lässt. Viele Hütten agieren nämlich überaus erfolgreich.

Erfolgsfaktoren

Was macht nun den Unterschied aus? Da gibt es einige Gesetzmäßigkeiten, die durchaus jenen in anderen Segmenten des Tourismus entsprechen. So kommen bei Schutzhütten, die dank ihres wirtschaftlichen Erfolgs mehrere Smileys verdienen würden, jeweils zumindest einige der folgenden Faktoren zum Tragen.

Erreichbarkeit: Die Hütten können zu Fuß im überschaubaren Zeitraum von eineinhalb bis zweieinhalb Stunden einfacher Wegstrecke erreicht werden. Das schätzen auch ambitioniertere Tagesgäste, die zusätzlich zum Hüttenbesuch eine Bergtour unternehmen möchten.

Attraktive Tourenziele: Förderlich ist das Vorhandensein attraktiver Gipfel im näheren Umfeld der Hütte, idealerweise auch ein Hausberg, der auf leichtem bis mittelschwerem Weg erstiegen werden kann.

Hinterland: Zur guten Frequentierung trägt ein Hinterland mit hohem Besucherpotenzial bei. Das kann eine touristisch stark frequentierte Destination sein und / oder eine nahe gelegene städtische Agglomeration.

Rundtouren und Fernwanderwege: Schon lange erweist sich die Einbindung von Schutzhütten in ein Rundwanderwegenetz als frequenzfördernd. Gemeint sind damit Höhenwege von Hütte zu Hütte, die in Mehrtagestouren begangen werden und die in der Regel einen griffigen Namen mit Bezug zur Region oder zu einem Thema tragen. Hilfreich ist zudem die Einbindung in einen Fernwanderweg.

Zusatzangebote: Vorteile weisen Schutzhütten auf, die im Gebäude selbst sowie in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft Angebote bereitstellen, welche die modernen Trends im Bergsport aufnehmen: Dazu gehören künstliche Kletterwände, Klettergärten im Fels, Klettersteige oder auch Seminarräume.

Kurse und Gruppenangebote: Derartige Zusatzangebote, verbunden mit einer zeitgemäßen Ausstattung mit Schlafmöglichkeiten und Sanitärräumen, tragen dazu bei, dass sich Hütten als Standorte für Alpinkurse, Kletterkurse, Bergferienprogramme oder für Workshops und Klausuren profilieren können. Damit wird die Abhängigkeit von Witterungseinflüssen reduziert und eine gute Auslastung auch abseits der Wochenenden ermöglicht.

Neue Freizeitaktivitäten: Der Mountainbike- und E-Bike-Boom spielt den Schutzhütten in die Hände. Damit erfahren auch diejenigen Hütten eine verstärkte Nachfrage, die lange Zustiege aufweisen sowie solche, die in klassischen Klettergebieten liegen, die jedoch wegen der Länge und Gefährlichkeit der dortigen Steilwände von den modernen Sportkletterern gemieden werden.

Weitere Erfolgsfaktoren: Wie überall im Tourismus gehören dazu eine möglichst lange Saison bzw. im Idealfall zwei Saisonen, ferner eine professionelle Führung mit freundlichen Wirtsleuten und Mitarbeitenden und nicht zuletzt ein ansprechendes und dem Standort angepasstes – also einfaches aber qualitätsvolles – kulinarisches Angebot. Zunehmend an Bedeutung gewinnt eine individuelle und informative Homepage, die den Besuch der Hütte zu einem „Muss“ macht. Inzwischen werden Besuche auch durch das online-Reservierungssystem für Schutzhütten erleichtert. Dessen Netz, das Österreich, Deutschland, Südtirol und die Schweiz umfasst, wird nun nach einer Testphase laufend weiter verdichtet.

Aufgrund ihrer Abhängigkeit von der Witterung sehen die Schutzhütten im Zeitablauf bessere und schlechtere Jahre. Insgesamt ist jedoch ein positiver Trend zu konstatieren, der wohl in erster Linie auf die Tätigkeit der alpinen Vereine zurückzuführen ist, der aber auch von der allgemeinen Zunahme des Sommertourismus in den Alpen mitgetragen wird.

Rückbau in peripheren Lagen

Trotz allem bestehen in Bezug auf den wirtschaftlichen Erfolg der Schutzhütten die eingangs erwähnten Diskrepanzen, was die Frage nach möglichen Zukunftsperspektiven aufwirft. Auf der einen Seite boomen und investieren viele Hütten, auf der anderen Seite kommen weniger begünstigte Hütten wirtschaftlich nicht vom Fleck. Für letztere sind die notwendigen Investitionen nicht zu bewältigen, da ihnen maßgebliche Erfolgsfaktoren fehlen und diese wegen der Struktur ihres Umfeldes auch nicht realisierbar sind.

In solchen Fällen wird es wohl zu Rückbauten kommen, was aber nicht unbedingt die Aufgabe von Standorten bedeuten muss. Ein Modell ist beispielsweise die Umgestaltung zur Selbstversorgerhütte, wie es die Naturfreunde seit dem Sommer dieses Jahres mit dem Leopold-Happisch-Haus im Tennengebirge praktizieren. Wenn dieses Modell greift, wird es leichter, auch an entlegenen Standorten wichtige Infrastrukturen für Bergwanderer und Bergsteiger aufrecht zu erhalten.

 

27. September 2016, 10:39

Schutzhütten sind in vielen Fällen auch ein wirtschaftlicher Grenzgang. Für den Alpentourismus sind sie eine notwendige und unabdingbare Voraussetzung als Schutz vor Wetterunbilden und lohnendes Tagesziel. Auch das Thema Registrierkasse hat sich für den einen oder anderen betreibenden Landwirt schon als zusätzliche Hürde herausgestellt. Auch da könnte – bei aller Notwendigkeit der Leistung von Steuern – eine Pauschalierung ähnlich wie in der Landwirtschaft eine wesentliche Erleichterung sein.

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