2. März 2010 | 11:37 | Kategorie:
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5 Impressionen eines „Spielverderbers“ zur auslaufenden Wintersaison

Die Lektüre der aktuellen offiziellen Kommentare und Verlautbarungen zur noch laufenden Wintersaison 2009/2010 verheißen scheinbar Großartiges. Die bereits seit Ausbruch der Wirtschaftskrise bekannten und sich ständig wiederholenden Aussagen handeln „…im schlimmsten Fall von einem blauen Auge“ bzw. sprechen gar von „Steigerungen“ dank der tollen Inlandsnachfrage – für den geneigten und unbedarften Leser bleibt hier wohl nur der Rückschluss: eigentlich alles wunderbar!

Im unerfreulichen Gegensatz dazu nehme ich in diesen Wochen ein doch deutlich differenziertes Bild der touristischen Lage wahr:

Impression I: Die Hotelpreise in der Stadthotellerie erreichen einen absoluten Tiefstand; Ab € 40,– finden sich auf den internationalen Reservierungsportalen selbst renommierte 3 und 4 Sterne Betriebe mit ihrem Angebot wieder.

Impression II: Die Haubengastronomie in den Städten war noch nie so leer wie in den letzten Monaten. Kundenkennzahlen in diesem Segment zeigen teils einen regelrechten Kahlschlag mit Umsatzrückgängen von 30 und mehr %

Impression III: Die  qualitativ mittlerweile hervorragende Skigastronomie verzeichnet teils herbe Umsatzrückgänge durch deutlich sparsamere Gäste  als in den Vorjahren. Jetzt, wo wir auf jeder Schihütte einen Wok stehen haben und Running Sushi Straßen sich durch die Hütten winden, ist dem Gast auf einmal eine schlichte Gulaschsuppe preislich wohlfeil.

Impression IV: Sämtliche con.os Hotelkunden jedweder Kategorie berichten, dass echte Buchungsresonanz – etwa im Newsletter Marketing – nur durch Preisaktionen zu erzielen ist: 4=3, 5=4 oder kostenfreie essentielle Leistungsbeigaben (also z. B. inklusive Skipass) funktionieren sofort.

Klassische Anreize (also z. B. der legendäre Wellnessgutschein über 30 €) dagegen sind vielfach für den Kunden uninteressant geworden und zeigen keine Wirkung (mehr).

Impression V: Boom der Verleihsysteme: Als einziger Sektor wächst aktuell der Bereich der Verleihs- und Storage Systeme. Viele Gäste haben erkannt, dass sie dabei ihre Liquidität am besten schonen sowie optimales Material und 100% Bequemlichkeit erhalten. Dieser Trend scheint erst am Beginn – hier lohnt sich das Nachdenken im Sinne neuer Geschäftschancen auch in anderen Verleih-Segmenten.

Fazit: Selbst wenn Ankünfte und Nächtigungen vielfach heuer noch  „stimmen“ sollten, ändert das nichts an definitiv gesunkenen Wertschöpfungen bei den Leistungsträgern, was sich spätestens in den Bilanzen 2010  und kurzfristig in den Sommer-Liquiditäten auswirken muss. In diesem Sinne wäre ein wenig mehr Realitätssinn in der Berichterstattung sinnvoll und auch der Branche gegenüber ehrlicher.

2. März 2010, 19:06

In der Kommunikation geht es nicht nur um Wahrheit, sondern auch um Wirkung der Message. Und wenn jemand etwas nicht kommuniziert, heisst das nicht, dass er lügt. Meinen Sie, dass Sie den Betrieben, die – Gott sei Dank – ihre Preise noch einigermaßen halten können, einen Gefallen tun, wenn Sie den Lesern (=Kunden) erzählen, dass in einigen Betrieben 4 Stern Zimmer um 40 Euro zu bekommen sind. Auf die Reaktionen aus der Branche wäre ich mal gespannt. Wie sagte Paracelsus: „Die Dosis macht das Gift.“

2. März 2010, 23:31

Das „Geiz-ist-geil“-Konzept findet zunehmend auch in der Hotellerie Anklang. Das Internet – mit der deutlich verbesserten Transparenz für den Kunden – hat den Anfang gemacht und in Zeiten rückläufiger Nachfrage haben die Kunden sowohl das Spätbuchen als auch das Feilschen entdeckt. Da wird es wohl sehr lange dauern bis wieder einigermaßen Normalität herrscht. Damit die Preise aber nicht mehr weiter in den Keller gehen – sollte es zumindest eine Überlegung wert sein anstelle einer Preissenkung oder Rabattaktionen eine Produktaufwertung z. B. eine zusätzliche Massage oder Behandlung anzubieten.

3. März 2010, 8:42

Im Spannungsbogen zwischen den Positionen Schuhmacher und Ribing, die aus der jeweiligen Sicht durchaus richtige Argumente vertreten, sind die in letzter Zeit so oft angesprochenen INNOVATIONEN zu finden und dann als Leitlinie zu definieren. Das Problem ist, wie findet sich ein Kreis zusammen, der diese Aufgabenstellung übernimmt? Wer stellt ihn zusammen, welchen Zeitraum gibt man ihm um ein tatsächlich innovatives STRATEGIEPAPIER zu erarbeiten?

3. März 2010, 10:45

Die beschriebenen Umsatzrückgänge (bei leichten Nächtigungseinbrüchen) belasten die Ergebnisse der Hotellerie dermaßen, dass direkte Auswirkungen auf das Investionsvolumen 2010/11 nicht ausbleiben werden.
Die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen werden schlechter ausfallen. Das durchschnittliche EGT der 4- und 4 Sterne Superior Hotellerie dürfte auf –5,6 % schon in den aktuellen Bilanzen 2009 zurückgehen. Bedingt durch die prozyklischen Wirkungen bei anstehenden Finanzierungen werden negative Auswirkungen verstärkt. Die Banken sind verpflichtet, jeweils auf Basis aktuell verfügbarer Kennzahlen ein Rating des kreditnehmenden Unternehmens durchzuführen.
In der „Urlaubskommunikation zum Gast“ sollten diese wirtschaftlichen Tatsachen aber nicht vorkommen! Zum Thema „Pricing in der Hotellerie“ bieten wir ein ÖHV-Praktikerseminar an: http://bit.ly/ajEwGh

3. März 2010, 17:06

Danke Martin, ich sehe das sehr ähnlich. Das einzige Problem ist, dass deine Beobachtungen zwar stimmen mögen, doch nicht gesichert sind. Wir haben schlicht und ergreifend im Moment einfach nur die Nächtigungsstatistik und wer soll daher anderes verlässlich berichten? Ich arbeite mit meinem Team ständig (und mit viel Mühe) dran, dass die Instrumente schärfer, genauer und aussagekräftiger werden. Denn wiewohl die Kommunikation an potentielle Gäste eine Sache (mit anderer Zielsetzung) ist, ist die korrekte Analyse und Diagnose des Tourismus eine Angelegenheit, die viel mehr an Tiefe benötigt. Ich bin aber diesbezüglich immer noch Idealist und hoffe, dass wir Monitoring-Tools (wie z.B. die bereits bestehenden wie T-MONA und unsere WEBMARK-Projekte) noch so weit bringen, dass die Analysen (und damit eine profunde Strategiebasis) für alle leicht zugänglich werden und damit auch die Berichterstattung und Wahrheit am (touristischen) Tisch ist. Wäre doch interessant zu wissen, welche Produkte preislich am Boden sind und welche krisensicher? Denn ich denke, auf Meinungen wird ohnehin schon zu viel aufgebaut, echte Fakten täten dem Tourismus aber durchaus gut. Man muss sie dann nur noch wollen und trotz aller (auch berechtigten) Interessensvertetungen akzeptieren. Aber das ist eine andere Geschichte….

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