13. November 2019 | 19:19 | Kategorie:
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Der Tourismus im Klima- und Imagewandel

Die Wahrnehmung der Tourismuswirtschaft hat sich geändert

Der Unternehmer im Tourismus gehörte bisher zu der von der öffentlichen Meinung eher gehätschelten Spezies der KMUs und Einzelkämpfer, die sich gegen die Übermacht digitaler Kraken und global agierender Großunternehmen durchsetzen mussten. In früheren schwierigen Zeiten zitterte man genauso um ihr Überleben wie um das der Bauern oder der Greissler.

Mittlerweile ist die öffentliche Wahrnehmung jedoch eine ganz andere. Die Auswüchse des Overtourism beeinträchtigen (wenn auch nur sehr punktuell) die Lebensqualität der Bereisten und die Hochburgen des Tourismus erwecken entweder Neid oder Abscheu ob der Landschaftsverschandelung, die mit dem Erfolg und mit der damit einhergehenden nicht immer landschaftsverträglichen Bautätigkeit einhergeht.

Frühe Eröffnung der Liftsaison und Eingriffe in die Natur werden negativ aufgenommen

Die frühe Inbetriebnahme von Skipisten brachte wohl Öffentlichkeitswirksamkeit aber vielfach auch Ablehnung. Die beabsichtigte Gipfelsprengung zur Verbindung des Kauner- mit dem Ötztal löste über weite Strecken nur Irritationen aus. Das zur Beruhigung und Klarstellung vorgesehene Interview des Tourismus-Rauhbeins Jack Falkner hat wohl eher dazu beigetragen Öl auf die Wogen zu schütten statt sie zu glätten.

Die Unfähigkeit oder der Unwille der Politik dem Klimawandel entsprechend zu begegnen erhöht die Sensibilität der Konsumenten. Sie hat etwa in NÖ den Ausbau eines Hotels verhindert, weil eine Erhöhung des täglichen Verkehrs befürchtet wurde. Das Absprengen eines Gipfels in ökologisch sensiblen Hochgebirgsregionen wird auch von weiten Bevölkerungs­kreisen als weit über das Ziel schießend angesehen.

Tourismusindustrie ist erwachsen geworden und sieht sich Imagewandel gegenüber

Tatsache ist, dass der Tourismus zunehmend als die große Industrie angesehen wird, die sie zweifellos ist. 150 Mio. Nächtigungen in österreichischen Betten und mehr als 200.000 Arbeitnehmer im Beherbergungs- und Gaststättengewerbe zeigen, dass die Tourismuswirtschaft ein wesentlicher Bestandteil der Volkswirtschaft ist.

Sie täte jedoch gut daran, die Notwendigkeit für erforderliche Maßnahmen und Ausbaupläne gut zu argumentieren, ihre Leistungen immer wieder hervorzuheben und auch Verständnis für jene aufzubringen, die nicht vom Gästezustrom profitieren und sich um die Erhaltung unserer Umwelt und der langfristige Wettbewerbsfähigkeit sorgen.

 

14. November 2019, 12:06

Zum Beitrag von Franz Hartl möchte ich aus der Vor-Ort-Perspektive zwei Korrekturen, zwei Relativierungen und einige weitere Gedanken einbringen.

Korrektur 1: Es geht um den Zusammenschluss des Ötztaler Gletscherskigebiets mit jenem des Pitztals und nicht um den Zusammenschluss von Ötztal und Kaunertal. Die Bemühungen des Kaunertaler Gletscherskigebiets um einen Zusammenschluss richten nach Süden in das Langtauferertal in Südtirol.

Korrektur 2: Geplant ist nicht die Sprengung eines Berggipfels (des Linken Fernerkogels) wie in der Kronen Zeitung vom 2.11.2019 missverständlich formuliert und von bild.de übernommen. Es handelt sich vielmehr um eine – durchaus ansehnliche – Erhebung im Ostgrat des Linken Fernerkogles, die eingeebnet werden soll, um einer Seilbahnstation Platz zu machen. Auch das ist natürlich diskussionswürdig. Meiner Einschätzung nach ist jedoch – im Gegensatz zur Ansicht der Projektbetreiber – nur ein überschaubarer Teil der aktuell 141.000 Unterschriften unter die Petition „Nein zur Gletscherbebauung Pitztal – Ötztal“ auf diese Fehlinformation zurückzuführen.

Relativierung 1: Die Beeinträchtigung der Lebensqualität der Bereisten (wie immer man Lebensqualität definieren mag) würde ich, jedenfalls für Tirol, nicht als „nur sehr punktuell“ bezeichnen. Betroffen sind beispielsweise viele an den Durchzugs- und Zufahrtsstraßen lebende Menschen, auch wenn einiger Verkehr dem Tourismustransit in den Süden zuzuordnen ist.

Relativierung 2: Jakob (Jack) Falkner als „Tourismus-Rauhbein“ zu bezeichnen ist aus meiner Sicht arg überspitzt. Er ist ein Vollblut-Touristiker, der zu den innovativen und auch risikofreudigen Köpfen in der Tiroler Tourismusszene zählt. Zudem verfügen die Unternehmen, welche er repräsentiert, über das Kapital, die mit seinem Team und seinen Beratern entwickelten Ideen umzusetzen. Dabei kommen bei ihm der Blick auf das ganze Tal und das Handeln für die gesamte Region keinesfalls zu kurz.

Dass die Kritik am Tourismus immer lauter wird und zunehmend breitere Kreise umfasst, hat gute Gründe. Ich denke nicht, dass es daran liegt, dass der Tourismus seine Leistungen zu wenig hervorhebt. Eher das Gegenteil ist der Fall. Ausschlaggebend ist auch nicht, dass der Tourismus seine Maßnahmen und Ausbaupläne zu wenig argumentiert.

Mitverantwortlich für die kritische Einstellung gegenüber dem Tourismus sind sicherlich die objektiven sowie die subjektiv empfundenen Belastungen. Und nicht unterschätzt werden darf in diesem Zusammenhang, dass es den meisten Menschen in Tirol – nicht zuletzt auch dank des Tourismus – wirtschaftlich gut geht.

Vor diesem Hintergrund stellt sich dann schon die Frage, ob wir noch nicht genug haben und immer weiter erschließen müssen. Wie viel mehr an Tourismus brauchen wir in den Tälern noch, wenn dort die Wohnbevölkerung ohnehin nur den kleineren Teil der Arbeitskräfte stellt, wenn auch touristisch hoch entwickelte Gemeinden inzwischen von der Abwanderung betroffen sind und wenn Hoteliers selbst an guten Standorten bestrebt sind, ihre Betriebe zu verkaufen und / oder in Wohnungen umzuwandeln?

14. November 2019, 23:33

Lieber Peter Haimayer, vielen Dank für Deine Korrekturen. Da sind offenbar zu viele der Lifterschließungsprojekte, die in Tirol in Diskussion sind. Jakob Falkner ist zweifellos einer unserer innovativen und mutigen Touristiker. Nur eine kritische Wortmeldung zum Thema Lifterschließung verbietet er sich und zeigt damit wenig Einsicht in von anderen vor allem Nicht-Tirolern geäußerten Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit weiterer Erschließungen und Schigebietszusammenlegungen.

Mein Beitrag hat vor allem darauf abgezielt darauf zu verweisen, dass nunmehr touristische Projekte von der Öffentlichkeit zu recht oder zu unrecht kritisch gesehen werden. Aus der Diskussion war für mich auch nicht ersichtlich, ob es sich bei dem besagten Gipfel um einen wesentlichen oder unwesentlichen Eingriff handelt. Diese Thema sollen Berufene erörtern.

Allerdings müssen wir mit den kritischen Stimmen sensibler umgehen und uns ernsthaft mit ihnen auseinandersetzen. Ansonsten provozieren wir eine Ablehnungsfront für neue und oft auch sinnvolle Projekte, wo eine überzogene Angstmacherei – wie beim geschilderten Projekt in NÖ – vergleichsweise kleine Erweiterungen unmöglich macht.

19. November 2019, 18:54

Lieber Franz Hartl, die beiden kleinen Richtigstellungen habe ich mir erlaubt, weil das von dir angesprochen Beispiel in Tirol derzeit eine besondere Brisanz besitzt.

Ich bin absolut deiner Meinung, dass wir uns mit den kritischen Stimmen zum Tourismus im Allgemeinen und zu touristischen Projekten im Besonderen ernsthaft auseinandersetzen müssen. Ich denke, dass das bereits ein gutes Stück weit der Fall ist, aber noch viel Luft nach oben besteht.

Hannes Parth, ehemaliger Vorstand der Seilbahnen Ischgl und nunmehr Obmann von Vitalpin hat vor einigen Tagen in seinem „Brief an Tirol“ mehr Dialog zwischen dem alpinen Tourismus und seinen kritischen Begleitern gefordert. Damit hat er völlig recht. Dazu braucht es aber auf beiden Seiten Akteure, die bereit und fähig sind, miteinander in einen konstruktiven Dialog einzutreten. Diese gibt es, sie stehen in der Regel aber nicht in der ersten Reihe und werden daher viel zu wenig oder überhaupt nicht gehört.

Es ist in der Tat so, dass touristische Projekte von der Öffentlichkeit vermehrt kritisch betrachtet werden, und zwar je nach Projekt bzw. je nach Situation zurecht oder zu unrecht. Meiner Beobachtung nach gibt es aber durchaus auch Bergbahn- und Skigebietsprojekte, die in (Teilen von) Seilbahnkreisen kritisch gesehen werden. Aber das dringt natürlich nicht an die Öffentlichkeit.

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