24. September 2018 | 00:20 | Kategorie:
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Beispiel Bergbahnen: Digitalisierung zwingt zu Kooperation trotz Konkurrenz

Customer-Relationship-Management (CRM) auf der Höhe der Zeit zu praktizieren, muss uns in der Tourismusbranche schon allein aufgrund der kostspieligen Abhängigkeit von Intermediären wie Google, Facebook und Co. ein gemeinsames Anliegen sein. Bergbahnen sind ein gutes Beispiel dafür wie angesichts der Digitalisierung Kooperation trotz Konkurrenz funktionieren könnte.

Gernot Riedel plädierte zuletzt in Beiträgen hier am TP-Blog für viel engere Zusammenarbeit im gesamten österreichischen Tourismussystem, um bestimmte – vor allem technologische – Grundlagen für Marketing und Vertrieb besser bzw. auch kostengünstiger zu organisieren. Ganz klassisch sollen Ressourcen gebündelt und Doppelgleisigkeiten vermieden werden.

Kultur der Kooperation mit der Industrie

Bei Bergbahnen gibt es durch Kartenverbünde oder Einkaufsgemeinschaften eine lange Tradition der überbetrieblichen Zusammenarbeit. Auch ganz typisch für die Seilbahnbranche ist die enge Kooperation mit der Industrie. Pioniere wie Michael Manhart haben Seilbahn- und Beschneiungssysteme von Grund auf entwickelt. Bei Gästeinformation und Kundendaten wurde ein ähnlich partnerschaftlicher (wenn auch mehr delegierender) Ansatz gewählt; die Erfolge von Bergfex oder Skiline sprechen für sich.

Allerdings haben bisher nur relativ wenige heimische Bergbahnen – wie KitzSki unter der Führung von Josef Burger – versucht, den Schatz der eigenen Kundendaten zu heben. Genau das wird aber auch angesichts der demografischen Entwicklung immer bedeutender. Die Bergbahn AG Kitzbühel ist aufgrund ihrer Größe und Stellung am Markt in der Lage, CRM zu praktizieren. Kleinere Skigebiete werden sich horizontal (z.B. im Kartenverbund) und/oder vertikal (Beherbergungsbetriebe, Ausrüstungsverleiher, Skischulen etc.) Partner suchen müssen.

Gemeinsam entwickeln und betreiben

Kundendaten müssen DSGVO-konform aufgebaut, mit der Zeit angereichert (z.B. mit sogenannten Bewegungsdaten), laufend analysiert – und vor allem dafür genutzt werden, die wichtigsten Gäste an sich zu binden und als Multiplikatoren möglichst auch in der Neuakquisition einzusetzen sowie ganz allgemein Erlöse durch passgenaue Produkte und Angebote zu steigern.

Bei Kooperationen ist demnach zunächst die Gretchenfrage zu klären: Wem gehören die Kundendaten (hoffentlich den Tourismusbetrieben selbst), wer darf sie zu welchen Konditionen nutzen? Übernimmt einer der Partner den Lead oder sind alle gleichberechtigt? Sich als Konkurrenten am Markt auf gemeinsame Spielregeln zu einigen, ist sicher nicht einfach. Die touristische Leistungskette könnte jedoch bei gemeinsamen CRM eng wie nie zuvor abgestimmt sein, auch die gegenseitige Bewerbung unternehmensübergreifend funktionieren.

Das einzelne Skigebiet ist in der Regel eher überfordert, professionelles CRM im Alleingang einzuführen. Sicherlich vernünftig wäre, wenn sich bestimmte Standards für die praktische Umsetzung von CRM bei Bergbahnen und deren Partnern herausbilden. Die brancheneigene Online-Verkaufsplattform starjack könnte ein Teil dieser Bemühungen sein.

Kooperation trotz Konkurrenz zu Ende gedacht

Alle möglichen ‚Economies of Scale‘ zu nutzen, hieße in einem regionalen oder überregionalen Kontext möglichst dem Anspruch auf Vollständigkeit, was das für den Gast relevante Angebot anbelangt, gerecht zu werden. Das ist für alle Beteiligten umso interessanter, je häufiger Ausflüge oder Urlaube z.B. aufgrund der guten Erreichbarkeit aus dem Quellmarkt, möglich sind. Mit der Zeit würde das CRM-System die Präferenzen des Gastes erkennen und wie Facebook automatisch Vorschläge unterbreiten, möglichweise abgestimmt auf Verfügbarkeit, derzeitigen Aufenthaltsort und Entscheidungen von (befreundeten) anderen Gästen.

© Martin Fülöp für Annaberger Lifte

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