3. Juli 2016 | 12:23 | Kategorie:
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Werbeausgaben im Tourismus

Harald Hafner, Präsident des Travel Industry Club Austria (Mitglied der Plattform Tourismusforschung), hat aus der Sicht des Tourismus einen näheren Blick auf den Dialog Marketing Report 2016 der Österreichischen Post AG geworfen. Zentrale Ergebnisse hat er in dem folgenden Blogbeitrag zusammengefasst; gleichzeitig stellt er seine Schlussfolgerungen daraus zur Diskussion.

 

Der Tourismus steigt bei den Werbeausgaben auf die Bremse

(Autor: Harald Hafner / Travel Industry Club Austria)

Der aktuelle Dialog Marketing Report 2016 gibt einen Überblick über den österreichischen Werbemarkt 2015. (Wer sich für nähere Details interessiert: Der Dialog Marketing Report 2016 kann per E-Mail an directmail@post.at kostenlos angefordert werden.) Dabei wird auch dem Tourismus ein eigenes Kapitel gewidmet. Bringt man die Erkenntnisse auf den Punkt, dann steigen die Verantwortlichen im Tourismus auf die Ausgabenbremse. Insgesamt wurden letztes Jahr in Österreich 6,5 Mrd. Euro in die Werbung investiert. Der Handel liegt mit einem Anteil von 66% klar vorne, gefolgt von Dienstleistungen (15%) und der Industrie (11%). Der Tourismus rangiert mit lediglich 6% am Ende der Liste, nur der Bau gibt noch weniger aus. Ein nachhaltiges Image lässt sich so nicht entwickeln. Von einer Neukundenakquisition kann keine Rede sein. Anscheinend bezahlen die Verantwortlichen im Tourismus lieber Kommissionen an den Handel, als sich um Direktbuchungen zu kümmern.

Totgesagte leben länger

Die Überraschung der Studie ist der Umstand, dass klassische Werbekanäle wie Print-Inserate, Außenwerbung sowie Radio- und TV-Spots deutlich zugelegt haben. Insgesamt stiegen die Aufwendungen für klassische Werbung um 7 Prozent, die für Online-Marketing „nur“ um 4,2 Prozent. Der Tourismus hat diesen Trend verschlafen und hält sich mit Ausgaben für die klassischen Werbekanäle dezent zurück. Während der Anteilswert insgesamt mit 6% bereits relativ niedrig ist, sinkt dieser für klassische Medien auf 3% ab. Selbst Dialogmarketingexperten gestehen zu, dass sich Markenmagie ohne klassische Medien schwer erzeugen lässt.

Events und Sponsoring stagnieren, sind aber immer noch beliebt

Mit insgesamt 1,2 Mrd. Euro stagnieren die Ausgaben für Messen, Events, Sponsoring und POS-Aktivitäten, sind aber nach der klassischen Werbung die beliebtesten Anwendungen. Vor allem die Industrie und die Baubranche wenden viel Geld für dieses Segment auf. Während Messen für den Tourismus ebenfalls interessant erscheinen, sind Sponsoring und POS-Aktivitäten kaum relevant. Mit einem Anteilswert von 6% an den Ausgaben entspricht dieses Segment im Tourismus den durchschnittlichen Aufwendungen.

Sattes Plus bei Social-Media-Werbung

Während die Online-Dialog-Werbekanäle um 4% zulegen konnten, ging Print im Vergleich zum Vorjahr um 4% zurück. Flugblätter sind in diesem Zusammenhang die klaren Gewinner, Kataloge die Verlierer. Der Tourismus nutzt das Dialogmarketing überproportional stark. Bei Print wird ein Anteilswert von 9%, bei Online sogar ein Wert von 19% erzielt. Dennoch liegt der Tourismus auch beim Online-Dialog hinter dem Handel und Dienstleistungen nur an dritter Stelle. Mehr noch liefert der Tourismus auch in dieser Hinsicht die Überraschung der Studie. Hoteliers und Tourismusverantwortliche, zuletzt mit hohen Steigerungen bei den Budgets, bremsen im Online-Bereich. Ausgaben in Suchmaschinenmarketing, E-Mail-Newsletter und Banner-Werbung wurden erheblich zurückgefahren.

Werbeerfolgsmessung ist im Tourismus (noch) kein Thema

Lediglich 40% der Tourismusverantwortlichen evaluieren ihre Werbemaßnahmen. In diesem Zusammenhang wurde die Evaluierung nach erfolgten Maßnahmen abgefragt (Post-Tests). Ob Marketingmanager im Tourismus so genannte Pre-Tests für Werbemaßnahmen durchführen kann nicht beurteilt werden. Diese Erkenntnis ist umso erstaunlicher, als sich die Plattform Tourismusforschung um die Werbeerfolgsmessung bemüht und die Institute an Fachhochschulen und Universitäten dazu sinnvolle Lösungen anbieten. Im Tourismus hat man sich anscheinend mit der Tatsache abgefunden, dass 50% des Werbebudget vergeudet sind und dabei möchte man auch gar nicht wissen warum.

Insgesamt wird dem Tourismus im Dialog Marketing Report 2016 der Österreichischen Post AG ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die Kritik auf den Punkt gebracht:

  • Die klassischen Medien spielen im Tourismus eine untergeordnete Rolle. Markenführung scheint kein Thema zu sein – die überlässt man lieber dem Handel.
  • Beim Dialogmarketing setzt man vor allem auf den Online-Dialog und hier vor allem auf die eigene Website und das damit verbundene Suchmaschinenmarketing. Anwendungen, die insbesondere für die Neukundenakquisition interessant sind, spielen eine untergeordnete Rolle.
  • Individualisierung und Personalisierung sind im Dialogmarketing nach wie vor „Fremdwörter“. Man sendet z.B. Newsletter an die „lieben Gäste“ und zwar zu einem Zeitpunkt mit undifferenzierten Inhalten.
  • Der Werbeerfolg wird im Tourismus nur von einer kleinen Anzahl an Unternehmen bzw. Organisationen gemessen. Man will offensichtlich aus Erfahrung nicht klug werden.
4. Juli 2016, 8:10

Danke an Herrn Hafner, für seine klare Sicht und Interpretation dieser Studie!

Seit Jahren versuche ich meinen Kunden den best möglichen Mix anzubieten, denn wir sind uns einig, dass es keine einzelnen Wunderwaffe gibt.

Der richtige Mix mit Maß und klar definiertem Ziel – seit Jahren, biete ich meinen Kunden, auf Grund meines gewachsenen Netzwerks von Professionisten, genau das an.

Touristiker sind mit den vielen Möglichkeiten und dem steten Wandel überfordert und verlieren die Lust an diesem Thema, denn jeder erzählt etwas anderes!

Wie sollen Hoteliers, als Gastgeber, die sie vorrangig sein sollten, hier den Überblick behalten? Jeder Vertreter, des Bereichs Marketing, ist auf sein Produkt fokussiert und versucht hier seinen Umsatz so hoch wie möglich zu halten – so werden Themen vorangetrieben, die zwar eindrucksvoll argumentiert werden, allerdings in ihrer Fülle und dem finanziellen Aufwand, in keinem vernünftigen Maß stehen. Oft höre ich, dass das Budget für dieses Jahr schon im Juli ausgeschöpft ist und man sich doch bitte erst wieder am Ende des Jahres melden solle!

Kein Wunder, dass die Glaubwürdigkeit unserer Branche stetig leidet – es würde mir wohl ebenso gehen!

5. Juli 2016, 11:48

Herr Kepplinger und Wiesenegger haben dieses aktuell häufig diskutierte Thema gut auf den Punkt gebracht.
Kohl & Partner ist auch der Auffassung, dass in den letzten Jahren viel in die Online-Werbung investiert und damit gleichzeitig teilweise das Offline-Marketing vernachlässigt wird. Dies kann u.A. daran liegen, dass heutzutage dem klassischen Vertrieb in der touristischen Ausbildung zu wenig Bedeutung zukommt, was darin resultiert, dass diese Vertriebsart zu wenig gelehrt wird (z.B. Leseverlauf) und Online im Fokus steht. Wir sind der Überzeugung, dass eine Koppelung von Online und Offline mit Erläuterung anhand praktischer Beispielen eine ideale Kombination für die Zukunft wäre.

3 wesentliche Erfahrungen:
1) Oft wird das Marketing zu wenig an die Gesamtstrategie des Unternehmens angepasst.
2) Die Kontrolle des Budgets und der Aktivitäten bleibt häufig auf der Strecke, ist aber für den ROI wesentlich.
3) Touristische Unternehmen sollen einen richtigen Mix aus Online und Offline herstellen – denn der Gast braucht beides!

Im Großen und Ganzen beobachten wir, dass „Online zum Standard und Offline zur Kür“ wird.

17. Oktober 2016, 12:36

Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Die Tourismusbranche sowie die Werbebranche können gut voneinander profitieren. Im Bereich Tourismus gibt es viel Raum für kreative Werbung und diese sollte auch genutzt werden.

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