12. Juli 2017 | 08:00 | Kategorie:
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Ohne abgesicherte Grundlagen entscheidet man „politisch“ falsch!

Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Freizeit- und Tourismus wird in Österreich dramatisch unterschätzt. Die offizielle und in dieser Form durchaus notwendige statistische Abgrenzung weist einen BIP Anteil von ca. 15% nach. Rechnet man die induzierten Anteile dazu, also die Umsätze jener regionalen Wirtschaftsbereiche, die nur deswegen überhaupt erzielt werden, weil es in dieser Region den Tourismus (noch) gibt, erhöht sich dieser Anteil auf etwa 25% (oder mehr). Betrachtet man die Ausgaben der Haushalte, also die Verwendung der Mittel, das BSP, dann erreicht die Bedeutung der Freizeit- und Tourismuswirtschaft eine Höhe von über 40%!

Produktion kann nicht ausgelagert werden

Nur im wirtschaftlichen Bereich von Freizeit und Tourismus sind Produktionsstätte und Arbeitsplätze ortsfest. Nur dieser Wirtschaftszweig hat sich in den letzten Jahren als krisenfest und als Jobmotor erwiesen. Tourismus ist „das“ Alleinstellungsmerkmal Österreichs im europäischen Wirtschaftskonzert. Wir sind – mit Ausnahme der fast ausschließlich vom Tourismus lebenden Mittelmeerinseln Malta und Zypern – Gastgeberweltmeister: Wir haben den höchsten touristischen pro Kopf Anteil (BIP Anteil) weltweit! Das kann kein anderer Wirtschaftszweig in unserem Land auch nur annähernd für sich reklamieren.

Dem zukünftigen Wirtschaftsminister sind diese (und einige andere) Zusammenhänge unaufgeregt klar zu machen und dann von ihr oder ihm dringend notwendige Maßnahmen einzufordern. Die Interessensvertretungen haben sie längst aufgelistet. Sie müssen jetzt endlich umgesetzt werden. Alles andere wäre volkswirtschaftlich verantwortungslos.

12. Juli 2017, 12:01

Mit dem Hinweis auf die volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus hat Peter Zellmann zweifelsfrei recht. Die ökonomischen Effekte der Tourismus- und Freizeitwirtschaft sind insbesondere für periphere ländliche Regionen unverzichtbar, speziell in den Berggebieten, sie werden aber auch andernorts wirksam (siehe dazu den Beitrag von Franz Hartl im TP Blog vom 04.07.2017). Auch ists es absolut richtig, dass freizeittouristische Dienstleistungen vor Ort stattfinden und nicht ausgelagert werden können.

Ob die Bedeutung des Tourismus für die Volkswirtschaft insgesamt aber dramatisch unterschätzt wird, wage ich zu bezweifeln. Am Beispiel Tirol würde ich einmal ganz locker behaupten, dass angesichts der Leistungen der industriellen Produktion im Land die Bedeutung des Tourismus – zumindest in der öffentlichen Diskussion – spürbar überschätzt wird. Das war jedenfalls die (nicht unbedingt) überraschende Erkenntnis eines Gesprächs über die innovativen Leistungen der Tiroler Industriebetriebe – und zwar abseits der großen Player wie Planseewerke, Sandoz oder Swarovski.

Die Bedeutung der Industrie findet ihren Niederschlag u.a. in den unzähligen Arbeitskräften, die tagtäglich aus den „Tourismustälern“ in die städtisch-industriellen Agglomerationen des Inntals pendeln. Hierher passt auch ein Zahlenspiel, das die Seilbahnwirtschaft bei einer ihrer Tagungen in Tirol selbst geliefert hat. Ich kann es leider nur aus dem Gedächtnis zitieren, allfällige Unschärfen seien mir daher verziehen bzw. können ja in einem Kommentar zum Kommentar korrigiert werden.

Nach den getroffenen Aussagen verbrauchen die Tiroler Seilbahnen pro Jahr weniger elektrischen Strom als das Pharmawerk Sandoz in Kundl, einer der bedeutendsten Tiroler Industriebetriebe. Damit wollte die Seilbahnwirtschaft wohl zum Ausdruck bringen, dass sie umweltschonend unterwegs ist, was ich ihr ein gutes Stück weit auch zugestehe. Aber was bedeutet die Aussage, dass die Tiroler Seilbahnen weniger Strom verbrauchen als ein einziger großer Tiroler Industriebetrieb denn im ökonomischen Umkehrschluss?

Damit möchte ich die Leistungen des Tourismus und insbesondere der Seilbahnwirtschaft keinesfalls schmälern und mir ist deren wirtschaftliche Bedeutung durch und durch bewusst. Allerdings sehe ich manche Argumentationen und auch Entwicklungen im Tourismus zunehmend kritischer und ich denke, wir können uns glücklich schätzen, dass es hierzulande nicht nur den Tourismus gibt.

21. Juli 2017, 11:02

Relativierende Anmerkungen sind meistens wichtig. In diesem Sinne sind es Peter Haimayers Ausführungen ebenfalls. Mit „dramatisch unterschätzt“ meine ich vor allem jene Wertschätzung welche die Politik im Allgemeinen diesem Wirtschaftsbereich entgegen bringt. Er ist jedenfalls krisenfester als viele andere, ist aktuell „der“ Jobmotor schlechthin und muss sich mit steuerlichen und bürokratischen Nachteilen auseinandersetzen die man eben unter diesem Gesichtspunkt nicht genug kritisieren kann.

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