4. Januar 2021 | 14:36 | Kategorie:
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Polizei gegen renitente Rodler

Wintersportgebiete in NRW sperren Zufahrten (Spiegel), Dreht um, kommt nicht in die Skigebiete (Süddeutsche Zeitung), Renitente Rodler: Polizei vertreibt Schlittenfahrer von der Piste (Stern): Die Medienberichterstattung rund um den großen Andrang auf Wintersportgebiete in Deutschland und Österreich ist in vielen Fällen in mehrerlei Hinsicht scharf zu kritisieren:

a)      Sie lässt außer Acht, dass auf Grund der staatlich verordneten Betriebssperren in den betroffenen Ländern Urlaubsaufenthalte von Millionen Menschen nicht möglich sind. Deren Freizeitbedürfnis und Freizeitverhalten richten sich naturgemäß auf jene Orte und Gebiete, die in Form eines Tagesausflugs erreicht werden können. Steht einer auf Grund der Bevölkerungsdichte sehr hohen Nachfrage ein vergleichsweise geringes Angebot gegenüber (siehe Ostösterreich, oder auch Winterberg in Nordrhein-Westfalen), muss es zwangsläufig zu Engpässen kommen. Es ist keine neue Erkenntnis, dass Wintersportgebiete und Ballungszentren verkehrt proportional korrelieren.

b)      Sie konterkariert auf perfide Art und Weise die Bemühungen von Skigebietsbetreibern, Verbänden, Gemeinden und anderen am Wintersportprodukt Beteiligten, die selbst auf diese Situation nur mit sehr beschränkten Mitteln und Möglichkeiten reagieren können. Auch wenn in der Politik verstärkt überwachungsstaatliche Methoden in Mode kommen – Bergbahnen oder Tourismusverbände sind definitiv keine Vollzugsorgane!

c)       Sie treibt einen gefährlichen Keil in die Bevölkerung, weil sie Menschen, sehr oft Familien mit Kindern, unter Generalverdacht stellt, wenn sie Erholung und Entspannung suchen, und es dabei – aus oben genannten Gründen – zu Engpässen kommt. Auch hier keine neue Erkenntnis: Eltern packen nicht zwei Kinder samt Rodeln in ein Auto und stauen sich stundenlang in ein Wintersprtgebiet, nur um dort fahrlässig andere Menschen anzustecken.

Der Tourismus nimmt durch diese Form der Berichterstattung Schaden

Es gilt, sich offen gegen eine neue Form der Vernaderungskultur auszusprechen, die sich unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes jetzt auch im Freizeit- und Erholungsbereich breit macht: verdeckte Anrufe von Journalisten bei Bergbahnen, um sich dann darüber auszulassen, dass dort die Quarantänebestimmungen missachtet werden; demonstrative Aufrufe von Politikern, die renitenten Rodler mögen doch Vernunft walten lassen und zuhause bleiben (wobei sie geflissentlich übersehen, dass ein Gutteil dieser Menschen seit Monaten trotz Lockdowns arbeiten und mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren muss); Polizeisprecher, die über das Fernsehen ausrichten lassen, dass alle, aber auch wirklich ausnahmslos alle Verstöße geahndet werden.

Man stelle sich vor, man hätte so manchem Politiker oder Journalisten vor einem Jahr Bilder aus der Türkei, aus Ungarn oder Russland gezeigt, wo Hundertschaften von Polizisten eingesetzt werden, um rodelnde Menschen von den Hängen zu vertreiben…

4. Januar 2021, 22:49

Liebe Ulrike, ich gebe dir in allen angeführten Punkten Recht. Auch teile ich deine Meinung, dass eine derartige Berichterstattung dem Tourismus Schaden zufügt.

Betroffen von der starken Nachfrage sind in erster Linie Naherholungsgebiete im Einzugsbereich städtischer Agglomerationen, und das insbesondere an Tagen, die vom Wetter her zu Outdooraktivitäten einladen. Schwerpunktmäßig auf den Tourismus ausgerichtete Regionen sind wegen der fehlenden Gäste, der hohen Kapazitäten und der geschlossenen Gastronomie kaum bzw. überhaupt nicht betroffen.

Die Seilbahnunternehmen haben die Situation weitestgehend im Griff und sie sind bei Vorliegen neuer Erkenntnisse stets um Nachbesserung bemüht. Außerdem hört man landauf landab, dass sich die Skiläufer – von Ausnahmen abgesehen – diszipliniert verhalten. Im Hinblick auf die Öffnung der Skigebiete wurden für diese Zielgruppe ja spezielle Verhaltensregeln vorgegeben – bis hin zum Typ der MNS-Maske.

Für andere Outdooraktivitäten wie Rodeln, Winterwandern, Langlaufen, Skitouren ist das nicht in dieser Intensität der Fall und auch nicht unbedingt erforderlich. Das mag zu einem etwas lockereren Verhalten beitragen, das jedoch an der frischen Winterluft keine gröberen gesundheitlichen Konsequenzen nach sich ziehen dürfte.

Wenn bei der Ausübung von Schneesportaktivitäten kritische Situationen auftreten, muss es das Ziel sein, diese in geordnete Bahnen zu lenken. Auf keinen Fall darf der Wintersport im Freien, der für die physische und psychische Gesundheit der Bevölkerung von großem Nutzen ist, eingeschränkt werden. Zudem gilt es Wege zu finden, um negativen und tendenziösen Berichterstattungen wirksam entgegenzutreten. Für die Tourismuskommunikation, die derzeit primär darauf abzielt, während der Lockdowns von den Gästen nicht vergessen zu werden, wäre dies eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe.

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