20. Juli 2011 | 14:06 | Kategorie:
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Wer übernimmt meinen Betrieb?

Die Regelung der Nachfolge touristischer Betriebe stellt mittlerweile eines der zentralen Themen der Branche dar. In den nächsten 5 Jahren steht in über 10.000 Tourismusunternehmen die Übergabe an.

Österreichs Ferienhotellerie und Gastronomie steht als kleinteilig und familiär organisierte Branche im Zuge der aktuellen Betriebsübergaben vor enormen Herausforderungen. Dabei treffen häufig mehrere Problemlagen aufeinander. Zunächst ist hier die familiäre und persönliche Ebene zu nennen: Unternehmer-Kinder, die einer persönlichen Zukunft im Tourismus skeptisch gegenüberstehen, oft auch aufgrund einer akademischen Ausbildung andere Karrierepfade für sich definieren oder aber erkennen, dass der elterliche Betrieb zu wenig Zukunftschancen hat. Gleichzeitig leiten noch viele „junge“ Eltern in ihren End-40ern oder Anfang 50ern touristische Unternehmen, deren Kinder keinen „Platz“ im Unternehmen finden und daher neue Wege gehen (müssen) und oft dann gar nicht mehr in den Betrieb zurück kehren. Eine zweite Problem-Ebene wird häufig durch die Wettbewerbsfähigkeit des jeweiligen Standortes geschaffen: Betriebe in Destinationen, die sich im Niedergang befinden oder aber an schwierigen Mikro-Standorten stehen (z.B. Hotels an innerörtlichen Standorten mit hoher Verkehrsbelastung) tun sich häufig besonders schwer aus der Familie heraus Nachfolge sicherzustellen. Eine dritte Problem-Ebene wird durch die öffentliche Hand in Form wenig hilfreicher steuerlicher Rahmenbedingungen oder aber unzureichender (Jung-)Unternehmer und Nachfolgeförderung geschaffen, wodurch die Möglichkeit der Übergabe bzw. auch der endgültigen Unternehmensaufgabe bzw. Immobilien-Wandlung weiter erschwert werden: aus Die steuerlichen und fördertechnischen Rahmenbedingungen von Betriebsübergaben und –übernahmen bzw. -wandlungen müssen daher rasch und umfassend auf den Prüfstand bzw. stetig weiter verbessert werden (Stichworte: Behandlung von Veräußerungsgewinnen, gesetzliche Abschreibungsdauern, Förderprogramme und -intensitäten für Jungunternehmer und Branchen-Quereinsteiger, Nachfolgebörsen, Start Up Finanzierungen, etc.).

5 „Tipps“ zur Regelung der Nachfolge

Ausgehend von jahrelanger Erfahrung sowie Moderation und Begleitung von inner- und außerfamiliären Unternehmensnachfolgen konnten wir  folgende fünf Empfehlungen formulieren, die eine Basis für erfolgreiche Übergaben legen.

1)    Der Übergabeprozess muss mindestens zwei Jahre umfassen und sowohl vom Übergeber als auch vom Übernehmer geordnet vorbereitet werden: Dies umfasst den inhaltlichen (Konzept), wirtschaftlichen (Investitionen), steuerlichen sowie organisatorischen Bereich (Organigramm, Verantwortungen, Mitarbeiter, Lieferanten, Bank).

2)    Die Übergabe sollte durch einen Nachfolge-Coach (externer Moderator)  unter Beiziehung der notwendigen Fachexperten (Steuerberater, Notar,…) neutral begleitet werden. Dies verhindert Missverständnisse, Konflikte, Streit und auch das Vergessen wesentlicher Aspekte mit Regelungsbedarf.

3)    Es soll grundsätzliche Offenheit auch gegenüber außerfamiliären Lösungen von Anfang an bestehen. Die Übernahme innerhalb der Familie ist immer nur eine von mehreren potentiellen Lösungen.

4)    „Alles von allen Betroffenen auf den Tisch“: nur dann können langfristig haltende Lösungen gefunden werden ohne Gefahr nachträglicher Vorwürfe oder Unstimmigkeiten, die das familiäre System dauerhaft belasten bzw. schädigen würden (zB. das Verhältnis zwischen übernehmendem und weichenden Kind).

5)    Die Übergeber sollten sich rechtzeitig „Aufgaben“ wie Hobbies oder neue Aktivitäten für die Zeit nach der Übergabe suchen. Sie stehen den Jung-Übernehmern mit Rat zur Seite, wenn diese Rat suchen, aber nicht „ungefragt“ und „aus dem Hintergrund“. Die Übernehmer  sollten in der Startphase nicht „grundsätzlich alles anders“ machen, sondern  auch den Wert des Rates der Übergeber (ein-)schätzen lernen.

Lösungsansätze und Chancen

Trotz der dargestellten nicht immer leichten Rahmenbedingungen, können sich immer öfter motivierte junge Touristiker und auch  Quereinsteiger das „Wirt- und Hotelier sein“ gut vorstellen. Sie punkten mit jungen und unkonventionellen Ideen und beweisen, dass Erfolg immer möglich ist. Dabei schätzen viele auch zunehmend die damit mögliche unternehmerische Freiheit im Gegensatz zum Angestelltendasein. Selbständig zu werden und sein eigener Chef zu sein –– der Tourismus bietet hier alle Chancen – oftmals sogar mit niedrigeren (finanziellen) Einstiegs-Barrieren als dies in anderen Branchen möglich wäre.

10. August 2011, 12:18

Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Da quantitative Daten über dieses brisante aber wichtige Thema noch weitgehend fehlen, läuft zu dieser Thematik aktuell eine Umfrage der Notariatskammer, bei der die Hotellerie in Österreich gerne eingeladen ist teilzunehmen:
http://survey.valki.com/index.php?sid=58346&lang=de

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