28. Februar 2011 | 16:48 | Kategorie:
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Im Wandel liegt die neue Herausforderung

Die derzeitige Situation im österreichischen Tourismus könnte man so zusammenfassen: „Die Reiselust kennt keine Grenzen, das Urlaubsbudget aber schon.“

Ein Indikator ist, dass 2010 so viele Menschen wie nie zuvor in Österreich Urlaub machten (33,4 Mio. Ankünfte), sie jedoch auf der anderen Seite so kurz blieben wie noch nie vorher in der Tourismusgeschichte (die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug 3,7 Tage). Die Menschen kaufen den Urlaub anders ein und konsumieren ihn auch anders, verzichten aber nicht darauf.Alle unsere Hauptherkunftsmärkte, inklusive das eigene Land, sind derzeit mit der Reduzierung der Schuldenlast beschäftigt und das drückt auf die Konsumstimmung. Zusätzlich werden Rohstoffe knapper und somit teurer, die Zinsen steigen und Steuern werden angehoben. Damit stehen finanzielle Mittel dann natürlich nicht mehr für den Urlaubskonsum zur Verfügung.
Eine der wichtigsten Konsequenzen daraus ist, dass unsere Gäste ihren gewohnten und liebgewonnenen Urlaub so preiswert wie möglich erstehen wollen.

Faktoren, die die Hotelwahl 2009 beeinflusst haben.

Der Preis ist für viele Gäste ausschlaggebend.

Dies ist nicht weiter erstaunlich, haben doch unsere Gäste in den vergangenen Jahren gelernt, sich auf heftige Preiskämpfe innerhalb der Hotellerie zu verlassen. Eine Strategie, die für die heimischen Betriebe nicht ungefährlich ist: Eine Auswirkung davon führt direkt zu Umsatz- und Ertragsverlusten. Zudem wird die Lage dadurch verschärft, dass die Zimmerpreise im vergangenen Jahr weniger stark angestiegen sind als die Inflation. Die Hoteliers verdienten weniger.

Der TP-Blog-Artikel von ÖHT-Geschäftsführer Dr. Franz Hartl „Auf den ROI vergessen?“ zeigt, dass wir für die neue Bescheidenheit („Age of less“) eigentlich schlecht aufgestellt sind. Wir produzieren und investieren zu aufwändig. Unser Produkt „Österreich“ ist oft zu hochgezüchtet und der Return on Investment findet nicht ausreichend statt. Wir laufen vermeintlichen Wunsch-“Raten“ und Zimmerpreisen nach, die der Markt nicht hergibt und bieten zeitgleich die weltbeste touristische Infrastruktur an. Dass geförderte Projekte aufgrund massiver Zuschüsse von Seiten der öffentlichen Hand ganz anders kalkulieren können, erschwert die Situation in einer unter starkem Wettbewerbsdruck stehenden Branche zusätzlich enorm. Laut Travel & Tourism Competitiveness Report des World Economic Forums erhält Österreich die höchste Bewertung für seine touristische Infrastruktur, die niedrigste für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit. Mehr dazu lesen Sie in einer aktuellen Studie von Roland Berger im Auftrag der ÖHV.

Angesichts der neuen Knappheit in einer Freizeitgesellschaft hat sich der Tourismuskonsum neu definiert. Ausschlaggebend für die Zukunft der österreichischen Tourismusbetriebe wird sein, ob es uns – ohne Wirkungsverluste auf der Angebotsseite – gelingt, unser Angebot neu auszurichten.

28. Februar 2011, 18:02

Der Wettbewerb wird härter und die Anforderungen steigen ständig. Daher hat die ÖHV ihre diesjährigen Praktikerseminare auf diese Thematik hin ausgerichtet. Um den Betrieben Handlungsempfehlungen zu geben, dreht sich bei den ÖHV-Praktikerseminaren alles um vielversprechende Zugänge. Einerseits geht es um altbekannte Themen wie Finanzierung, Controlling und Preisgestaltung, andererseits um Technologien von morgen und Beschwerdemanagement.
Mehr zu den Seminaren erfahren Sie unter http://www.oehv.at/seminare .

1. März 2011, 10:13

Lieber Herr Reisenzahn, eine vollkommen richtige Analyse.Nur, was geschieht denn in dieser Angelegenheit? Seit Jahren weise ich auf den immer wichtiger werdenden Zusammenhang zwischen einerseits preiswertem und andererseits möglichst erlebnisreichem Angebot hin. In der „Modellregion Neusiedlersee“ (www.modellregion.at) hat das IFT die Fakten und mögliche Umsetzungsstrategien praxisnah aufbereitet. Die ÖHV kennt meine Analysen und Vorschläge. Ich finde aber in Wirtschaft und Politik keinen namhaften Partner, der die konkrete Angebotsentwicklung in das Zentrum künftiger Maßnahmen rückt. Viele Touristiker bleiben bei Eventeuphorie und Hochpreishysterie (falsch interpretiertem Qualitätsverständnis), bei Masterplänen und Generalstrategien hängen. Wir müssen uns um den Urlauberalltag, um die (vernetzte) Knochenarbeit vorort mehr kümmern. Dieser Prozess ist in den Regionen in Gang zu setzen, zu moderieren. In diesen Aufgabenbereich müssen know how und Förderungen in naher Zukunft fließen.

1. März 2011, 10:17

Ich stimme dem Kommentar von Hrn. Reisenzahn zu.
Um die notwendigen Preise zu erzielen ist natürlich noch immer das Thema Internationalisierung ein sehr wesentliches Thema, das gerade in ländlichen Regionen nicht ausreichend stattfindet.
Die weltbeste Infrastruktur wird stimmen, aber es wird halt auch für Destinationen notwendig sein, nicht allen alles bieten zu wollen sondern sich auch hier zu spezialisieren und gezielter vorzugehen.

1. März 2011, 14:09

S.g. Herr Zellmann! Es gibt sehr wohl Destinationen (wenn auch längst nicht alle!), die in Zusammenarbeit mit externen Spezialisten penibel daran arbeiten, daß das operative Markenmanagement aus dem strategischen Überbau konsistent hervorgeht. Zielsetzung ist dabei immer die operative Gestaltung der Kontaktpunkte zu den Gästen und destinationsinterne Prozesse konsequent aufeinander ausrichten, um die notwendige Geschlossenheit der Marke nach außen und nach innen sicherzustellen und mit neuen Attraktionen weiterzuentwickeln. Von nahmhaften Tourismusberatern im Lande werden immer wieder Erfolgsbeispiele als Vorbilder genannt. Ich bin überzeugt, daß sich auch andere Destinationen finden lassen, die diesen Weg noch vor sich haben und eine entsprechende Unterstützung von außen benötigen. Hier hat Ihr Institut wohl auch mit einer Konkurrenzsituation am Beratungsmarkt zu tun…

1. März 2011, 21:23

Bravo, Thomas! und ja, das Kerngeschäft findet auf betrieblicher Ebene statt – daher ist es wichtig, dass die ÖHV die Unternehmer zu einem neuen Bewusstsein aufruft. Es wäre fatal, die Verantwortung für den nötigen Wandel „auszulagern“ – so wichtig die DMO’s auch sein mögen.

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