15. Juli 2018 | 20:11 | Kategorie:
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Obergrenzen für Tourismus

Mallorca will Grenze einführen

Mallorcas Hauptstadt wehrt sich gegen den Ansturm der Reisenden: Der Bürgermeister von Palma will die Zahl der Gästebetten von 80.000 reduzieren.
Weil Palma de Mallorca vor allem in den Sommermonaten von Touristen regelrecht überrannt wird, will Bürgermeister Antoni Noguera die Zahl der Gästebetten in Hotels, Ferienwohnungen und Kreuzfahrtschiffen auf etwa 65.000 drastisch reduzieren. Bis zum vergangenen Jahr war diese Zahl auf rund 80.000 gestiegen, so ein Bericht der „WirtschaftsWoche“.
2017 besuchten mehr als zehn Millionen Touristen Mallorca. Palma verzeichnete im vergangenen Jahr sechs Millionen Gäste. Die Einwohner klagen über Staus, eine überfüllte Altstadt, Lärm, Müll und steigende Lebenshaltungskosten vor allem für das Wohnen. Die Mieten sind seit 2013 im Schnitt um 40 Prozent gestiegen. Für diese Entwicklung wird vor allem Vermietungsplattformen wie Airbnb als Ursache angesehen, da immer weniger Wohnungen dem privaten Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen.

Hallstatt setzt Arbeitsgruppe ein

In Hallstatt haben sich lt. einem Bericht der Presse die Besucherzahlen in den vergangenen Jahren fast verfünffacht. Jetzt diskutiert man auch hier Begrenzungen und hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Je nachdem, mit wem man spricht, variieren die Schätzungen über die Zahl der Besucher: 500.000 bis 800.000 pro Jahr. Dabei hat Hallstatt 780 Einwohner. Das wäre, um es mit einem anderen populären Touristenort zu vergleichen, etwa das Dreifache des Besucher-Einwohner-Verhältnisses von Venedig. Seit die Bürgerliste „Bürger für Hallstatt“, bei der Gemeinderatswahl 2015 auf Anhieb 28 Prozent der Stimmen erhalten und sogar die ÖVP überholt hat, ist erkenntlich, dass die Überflutung mit Touristen einen Großteil der Bevölkerung beeinträchtigt.

Regulierung ist erforderlich

Salzburg reguliert die Zahl der Busse, die in die Stadt fahren dürfen, Mallorca will weiteren Bettenbau verhindern und die Zahl der Gästebetten in der Hauptstadt reduzieren. Eine Regulierung wird wohl in vielen Fällen notwendig sein, um die Belastungen für die Bereisten in Grenzen zu halten. Es ist wichtig, dass die Tourismusverantwortlichen sich rechtzeitig in diese Diskussion einbringen, damit sie nicht einseitig verläuft und wirtschaftsfeindliche Regelungen entstehen.
Mehr dazu auch: https://www.tp-blog.at/destinationen/overtourism

 

16. Juli 2018, 10:15

Ein wichtiger und richtiger Rat an die Tourismusverantwortlichen sich rechtzeitig auf diese Entwicklung einzustellen. Die Harmonie von Ökonomie und Ökologie ist einer der Hauptaufgaben von Tourismuspolitik und Tourismuswirtschaft. Da ist in Zukunft eventuell mehr Verständnis auf beiden Seiten notwendig. Beim Reden sollten die „Leut rechtzeitig z’sammkommen“

16. Juli 2018, 12:21

Das Thema verfolgt uns seit einiger Zeit, auch im TP Blog. Diskussionen dieser Art haben in der Geschichte des Tourismus immer wieder stattgefunden, was ein Hinweis darauf ist, dass stets auch ein Zusammenhang mit dem Fassungsvermögen der Infrastruktur, der Organisation des Tourismusgeschehens vor Ort und – worauf Werner Taurer im einem Kommentar im TP-Blog zurecht hingewiesen hat – mit der Qualität des Angebots besteht.

Durch die technischen Möglichkeiten, vom Hoch- und Tiefbau über die Verkehrstechnik bis zur Kommunikation – sowie in Verbindung mit der Wirtschaftskraft breiter Bevölkerungsschichten – haben heute das Angebot und die Nachfrage im Tourismus eine neue Dimension erreicht.

In der Kritik geht es in zunehmendem Maße um die Befindlichkeiten der einheimischen Bevölkerung. Das von Franz Hartl erwähnte Beispiel Hallstatt zeigt das eindrucksvoll. Dieses Phänomen lockt auch die Forschung an. So hat sich einer meiner Kollegen von der University of Tsukuba (Japan) im Zuge seiner Arbeiten zu UNESCO-Welterbestätten in Europa auch dem Thema Sozialverträglichkeit des Tourismus in Hallstatt angenommen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir die Frage der Grenzen des Tourismus auch bei uns im Auge behalten müssen, auch wenn seine ökonomische Bedeutung unbestritten ist. Um die mit dem Tourismus verbundenen Beeinträchtigungen zu relativieren, werden nämlich gerne Zahlen genannt, die belegen sollen, dass solche Belastungen eigentlich zu vernachlässigen sind. Das reicht vom Hinweis, dass die Gesamtfläche aller Skipisten weniger als ein Prozent der Landesfläche ausmacht bis zur Aussage, dass lediglich drei Prozent des Verkehrsaufkommens in Tirol auf die An- und Abreisen unserer Gäste zurückzuführen sind. Beide Zahlen – beispielhaft herausgegriffen – mögen für sich unbestritten sein. Diese sowie andere Einzeldaten dürfen aber keinesfalls für sich alleine betrachtet werden, sondern sind im Zusammenhang mit dem Gesamtkomplex Tourismus zu sehen.

Tatsache ist, dass regional starke Konzentrationen im Tourismus bestehen, was nicht nur wirtschaftlich durchaus Sinn macht. Bewegt man sich jedoch mit einem leicht kritischen Blick durchs Land, so drängt sich schon die Frage auf, ob das, was wir erreicht haben, von der Dimension her nicht genug ist. Dieser Eindruck wird bestärkt durch die Wahrnehmung, dass dem Tourismus hinten und vorne die Arbeitskräfte fehlen und der Zuwachs an Gästebetten ohne ausländisches Kapital für Investorenmodelle und flächenextensive Chalet-Dörfer offenbar nicht mehr zu stemmen ist.

16. Juli 2018, 13:21

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die bereits 1972 erschienene Publikation von Dennis Meadows et al.: Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, 1972

Vielleicht sollten wir schon früher etwas über uns und, wie wir zukünftig leben wollen, nachdenken, bevor so Manches unwiederbringlich verloren ist..

24. Juli 2018, 11:51

Für alle am Thema Interessierten darf ich einen Sendungshinweis beisteuern: Am kommenden Montag, 30.7., wird sich der ORF in einem Kulturmontag Spezial von den Salzburger Festspielen auch den „Leiden und Freuden einer Tourismusmetropole“ widmen (https://tv.orf.at/kulturmontag). Insbesondere zum „Overtourism“ wurden dazu schon letzte Woche interessante Interviews geführt, u.a. mit Frau Pamela Binder (Ferienregion Dachstein Salzkammergut ), Frau FH-Prof. Barbara Neuhofer (Fachhochschule Salzburg) und Herrn Harald Hafner (Travel Industry Club Austria).

26. Juli 2018, 14:26

Eine Korrektur zum obigen Sendungshinweis: Die Interviews zum „Overtourism“ werden vorauss. nicht im Kulturmontag Spezial, sondern schon um 17h30 in „Daheim in Österreich“ ausgestrahlt werden.

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