3. Dezember 2020 | 14:18 | Kategorie:
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Ist das die „neue Normalität“?

Seit gestern wissen wir also, was viele bereits befürchtet haben – es wird nicht aufgesperrt, zumindest nicht bis zum 7. Januar, und dann wird „man“ sehen. Dazu kommen die Einreisebeschränkungen vom 19. Dezember bis 10. Januar. Es bleibt also nicht viel an „neuer Normalität“ für den Tourismus in den kommenden Wochen.

Wer irgendwie kann, der tut irgendwie, irgendwas

Oft einfach nur, um zu handeln. Skilifte und Eislaufplätze wollen ab dem 24. Dezember aufsperren, dann aber mit Auflagen, die jeden vernünftigen Betrieb an den Rand des Unmöglichen drängen. Regionen, die seit Wochen an Hygienekonzepten und eigenen Coronatest-Logistiken arbeiten, müssen hingegen erneut feststellen, dass sie ein paar Meter vor dem Ziel ausgebremst wurden. Interessenvertreter versprechen „Planungssicherheit“ und heften sich Umsatz-Ersatz und Fixkostenzuschuss auf die Brust. Doch sind wir ehrlich – „Planungssicherheit“ gibt es in dieser „neuen Normalität“ seit Mitte März nicht.

Das Problem besteht darin, dass der homo sapiens sein Überleben durch Anpassung gesichert hat, und das tut er auch jetzt. Wir leben mit Dashboards, Statistiken, 7-Tage-Inzidenz, Massentests und der Hoffnung, dass mit der Impfung alles besser wird.

Im Wissenschaftsjournalismus war zuletzt des öfteren davon zu lesen, dass es sich bei Corona, ähnlich wie bei der Cholera, um eine skandalisierte Krankheit handelt, die – heute befeuert durch Echtzeitinformation in digitaler Form – eine Massenhysterie auslöst. Auch wird darauf hingewiesen, dass Pandemien, ähnlich wie große kriegerische Auseinandersetzungen – Entwicklungen beschleunigen. Dies betrifft die positiven wie die negativen, und das muss der Tourismus, in seinem eigenen Interesse, im Auge behalten.

Denn auch wenn ich, mit anderen Kolleginnen und Kollegen hier im Blog, kritisch bin, was Ressourcenverbrauch, Massentourismus und Globalisierung betrifft, dann bin ich doch genauso der Meinung, dass der Tourismus wesentlich zu Umsatz, Wertschöpfung und Einkommen beiträgt. Der Tourismus und die ihm zugeordneten Branchen fußen auf unternehmerischem Handeln ebenso wie auf den Grundfreiheiten der EU samt Schengen-Abkommen.

Daher darf – bei aller Anpassungsfähigkeit – nicht vergessen werden, dass nunmehr seit Monaten

  • in den geschützten Bereich der Grundfreiheiten der Menschen eingegriffen wird
  • die Reisefreiheit massiv eingeschränkt wird
  • schwerwiegende volkswirtschaftliche Schäden in Kauf genommen werden, und
  • den kommenden Generationen eine enorme Schuldenlast aufgebürdet wird.

Dies sollten wir keinesfalls als „neue Normalität“ hinnehmen – auch nicht im Tourismus.

3. Dezember 2020, 19:28

Den Ausführungen von Ulrike Reisner stimme ich voll zu! In besonderem Maße gilt das für ihre Anmerkungen zur wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus und der ihm zuzuordnenden Branchen.

Ebenso kann ich die Corona-Regelungen für Tourismus und Freizeit oft nur schwer nachvollziehen. Natürlich ist mir bewusst, dass es im Hinblick auf Regelungen und Verordnungen häufig schwer ist, klare Grenzen zu ziehen. Aber bitte was soll die Öffnung der Skigebiete am 24. Dezember 2020, wenn die Berggastronomie geschlossen bleiben muss. Die Seilbahnunternehmen haben sich exzellent auf den Corona-Winter vorbereitet, ihre Maßnahmen während des Sommerbetriebs getestet, und jetzt werden sie, wie Ulrike Reisner richtig sagt, kurz vor dem Ziel ausgebremst.

Die großen Sprüche unserer Politiker auf Landes- und Bundesebene wie z.B. „Österreich fahrt Ski“, die sie landauf landab und über die Landesgrenzen hinausposaunt haben, waren also nichts anderes als heiße Luft. Ausländische Medien amüsieren sich jetzt darüber, wie unsere Politiker schlussendlich in die Knie gegangen sind (https://www.tt.com/artikel/30765969/kurz-knickt-ein-pressestimmen-zu-ski-streit-mit-oesterreich).

Und dass man erst am 24. Dezember 2020 mit dem Langlaufen beginnen darf, weil Langlaufloipen als Sportstätten anzusehen sind, ist in die Kategorie „Witz des Tages“ einzuordnen. Langlaufen zählt zu den gesündesten Wintersportarten, erfordert keine physischen Kontakte und tut genau das, was wir in Corona-Zeiten dringendst benötigen: das Immunsystem stärken. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen: Ich war im Lockdown I und bin in Lockdown II jeweils an mehreren Tagen pro Woche im Freien unterwegs. Daher bin ich nicht nur topfit, sondern nie, auch nicht annähernd, Gefahr gelaufen, mich dort mit Covid-19 zu infizieren.

4. Dezember 2020, 13:11

Liebe Frau Reisner,
ich stimme Ihnen grundsätzlich zu: Die Regelungen wirken oft willkürlich.
„Planungssicherheit“ wird wohl das Unwort des Jahres 2020. Entweder man nimmt die Regelungen mit einem Achselzucken zur Kenntnis, oder man bekommt ein Magengeschwür.

Beim Thema Grundfreiheiten ist es doch immer ein Balanceakt zwischen Übergriffigkeit des Staates und persönlicher Freiheit. Nicht nur beim Thema Corona.
Andererseits möchte ich jetzt nicht in Regierungsverantwortung stehen. Alles was man beschließt verärgert irgendwen. Und wenn man nichts tut …. man muss sich ja nur die USA anschauen.

4. Dezember 2020, 21:48

Laut Tiroler Tageszeitung vom 4.12.2020 wurde dank der Intervention des Tiroler Landeshauptmanns und des Sportreferenten des Landes Tirol die Verordnung bezüglich Winter-Outdoorsportarten inzwischen adaptiert. Daher entfällt ab Montag, 7. Dezember 2020 das Betretungsverbot für Sportstätten im Freien, also für Skipisten, Langlaufloipen und Rodelbahnen. Pistenskitouren, Langlaufen und Rodeln sind somit ab diesem Zeitpunkt erlaubt.
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Damit wird auch einer Forderung Rechnung getragen, die der Präsident des Österreichische Alpenvereins und der Tiroler Sportreferent bereits im Zuge der Ausarbeitung der entsprechenden Verordnung eingebracht haben. Siehe dazu: https://www.tt.com/artikel/17613137/bisheriges-verbot-gelockert-sportstaetten-im-freien-werden-in-tirol-geoeffnet

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