15. Januar 2016 | 12:02 | Kategorie:
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Die Ertragsstars der Hotellerie

Zu Jahresbeginn haben Holiday-Check und andere Bewertungsplattformen ihre Rankings abgegeben. Im Herbst hat die ÖHV die Destinationen hinsichtlich ausgewählter Faktoren nach ihrer Performance gereiht, der Relax-Guide vergibt Lilien und die Skigebiete wetteifern ebenso mit Rankings um die Kunst der Kunden. Da wird gereiht und sortiert und natürlich heftet es sich jeder Preisträger an seine Fahnen, wenn er zu den besten gehört.

Da liegt es auch nahe einmal die Ertragskaiser zu küren und vor allem zu schauen, wie groß die Unterschiede sind und was man daraus für allgemeingültige Lehren ziehen kann.

Zu diesem Zweck, wurden die Kreditnehmer der ÖHT nach dem erzielten GOP pro Zimmer gereiht, der im Österreich-Durchschnitt rund 8.500 Euro beträgt. 25 % der Unternehmen erzielen mehr als 14.000 Euro. Einige Spitzenbetriebe erzielen hingegen Werte von mehr als 50.000 Euro pro Zimmer. Die 20 Besten auf dieser Hitliste wurden genauer durchleuchtet, wobei folgende Besonderheiten festzustellen waren:

  • Diese Unternehmen sind zu 85 % klar positioniert und eindeutig auf eine Zielgruppe hin ausgerichtet. Zu 60 % haben sie den Saisonschwerpunkt im Winter.
  • Die Positionierung liegt zu 65 % im Wellnessbereich und zu je 10 % im Bereich des Medical Wellness bzw. der Kinder und Familien.
  • Nur 15 % der Unternehmen weisen keine signifikante Positionierung auf. Sie schöpfen jedoch ihre Ertragsstärke aus der dominanten Leistungskraft der Wintersaison und einem international konkurrenzfähigen Skigebiet (Lech, Zürs, Obertauern, Hochgurgl, Ischgl), das Schneesicherheit und ausreichend abwechslungsreiches Pistenangebot aufweist.
  • Diese Betriebe haben im Durchschnitt eine Größe von 150 Betten und können damit die für eine überdurchschnittliche Auslastung notwendigen Zusatz­ein­richtungen wie Hallenbad, Sauna, Fitness- oder Seminar­ein­richtungen anbieten.
  • Die Ertragsstars liegen mit durchschnittlich 290 Offenhaltungstagen nur knapp über dem Durchschnitt. Sie erzielen dabei allerdings eine Auslastung, die mit 251 Tagen den Durchschnitt von 172 Vollbelegstagen deutlich übersteigt.
  • Operative Spitzenleistung stellt eine überdurchschnittliche Umsatzrentabilität (GOP in % zum Jahresumsatz) von durchschnittlich 32 % (mit Spitzenwerten bis 49 %) sicher. Zum Vergleich: Der Österreich-Durchschnitt liegt in dieser Qualitätsklasse bei knapp über 20 %.

Insgesamt zeigt sich, dass – trotz mehrmals beklagtem Verfall des Ertrages im Allgemeinen – extrem engagiert geführte Unternehmen nach wie vor blendende Ergebnisse erwirtschaften können. Dazu ist vor allem eine klare Positionierung erforderlich und gute Rahmenbedingungen durch die Destination können einen zusätzlichen Schub verleihen.

Alle Betriebe, die heute zu den Spitzen der Branche zählen, haben diese Position nicht durch eine einzige geniale Idee oder ein Spitzenprodukt erreicht. Es ist immer das Zusammenspiel aus Unternehmer, Destination und Mitarbeitern, das über lange Zeit ausgezeichnet funktionieren muss. Eine Marktposition wird auch nicht in einer Saison erobert sondern ist das Ergebnis von Kontinuität und Ausdauer. Unternehmerische Spitzenleistungen sind nicht das Ergebnis eines Sprints sondern eines Marathons.

16. Januar 2016, 17:37

Danke Franz Hartl für die aufschlussreiche Übersicht. Für eine weitergehende Analyse und daraus abzuleitende Schlussfolgerungen hilfreich wäre noch eine Matrix, aus der Verknüpfungen wie z.B. Saisonschwerpunkt im Winter und Positionierung im Wellnessbereich etc. hervorgehen. Aber das sprengt natürlich den Rahmen eines Blog-Beitrags.

Wenn 60 % der Ertragsstars ihren Saisonschwerpunkt im Winter haben, so unterstreicht das die Bedeutung der Wintersaison für die heimische Wirtschaft. Und da darf mit Kontinuität gerechnet werden, gehören doch die angeführten Skigebiete zu denjenigen, die unter Mitberücksichtigung der technischen Beschneiung noch auf Jahrzehnte hinaus als schneesicher gelten.

Übrigens: Erfolg in der Hotellerie trotz fehlender, eindeutiger Positionierung in starken Winterdestinationen ist ein Phänomen, das seit Jahren zu beobachten ist, bildet doch dort häufig die Qualität des Skigebiets das primäre Kriterium für die Wahl der Destination. Und bei einigem Geschick kann in solchen Destiantionen ein Betrieb nicht allzu viel falsch machen.

Wenn 40 % der Ertragsstars ihren Schwerpunkt nicht im Winter haben, so kann das – falls es sich nicht primär um Betriebe der Stadthotellerie handelt – darauf hinweisen, dass auch ohne Winterdominanz gute Geschäfte gemacht werden können. Das ist eine wichtige Botschaft für all jene Betriebsstandorte, die sich in Bezug auf die künftige (auch technisch unterstützte) Schneesicherheit in kritischen Lagen befinden. Sie verfügen in der Regel auch über die Voraussetzungen für einen Vier-Jahreszeiten- bzw. Ganzjahrestourismus.

Nicht genug betont werden kann das Analyseergebnis von Franz Hartl in Bezug auf einige zentrale Erfolgskriterien: Zum einen Kontinuität und zum anderen das Funktionieren des Zusammenspiels von Unternehmer, Mitarbeiter und Destination. Letzteres zeigt, dass es Sinn macht, gemeinsam am selben Strang in die gleiche Richtung zu ziehen und dass es auch zielführend ist, sich als Unternehmer in die Mitgestaltung der Destination einzubringen.

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