29. Mai 2012 | 21:12 | Kategorie:
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Apartmentverkauf zur Verbesserung der Rentabilität

Die Ertragsaussichten touristischer Immobilien sind angesichts eines ROI von meistens unter 5 % keineswegs himmelstürmend. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass nach Möglichkeiten gesucht wird, die Rentabilität für Investoren oder zur Absicherung der Finanzierung anzuheben. Dies wird in zunehmendem Maße in einem Verkauf von Wohneinheiten gesehen, die angesichts der derzeitigen Flucht in Sachwerte und der Beschränkung des Anteils von Zweitwohnungen in der Schweiz vor allem in touristischen Hochburgen keineswegs schwer an den Mann zu bringen sind.Durch den Wohnungsverkauf kann zwar die Rendite der Immobilie kurzfristig erhöht und Eigenkapital in das oft knappe Investitionsbudget gespült werden, langfristig müssen jedoch durchaus erhebliche Nachteile in Kauf genommen werden:

  • Die Apartmentinhaber legen Wert darauf, dass Einrichtungen wie Restaurants, Sauna, Hallenbad etc. möglichst das ganze Jahr über zur Verfügung stehen. Das Management des Hotels hat dann wesentlich geringere Möglichkeiten, durch Schließzeiten die Ausgaben in der toten Saison zu reduzieren. Die Ertragskraft des Hotels sinkt. In einzelnen Fällen war ein Konkurs der Hotelgesellschaft die einzige Möglichkeit, der ganzjährigen Offen­haltungspflicht zu entkommen.
  • Jede errichtete Immobilie stellt einen Verbrauch von Naturraum und eine Belastung für die Landschaft und für die Bereitstellung örtlicher Infrastruktur (Straßen, Kanal, Wasser etc.) dar. Bei hotelmäßiger Nutzung wird durch den positiven volkswirtschaftlichen Effekt der Beschäftigung und Erzielung von Wertschöpfung ein Ausgleich für diese Belastung erzielt. Bei Zweitwohnungen entstehen positive Beiträge zur regionalen Wertschöpfung hauptsächlich in der Errichtungsphase. Durch kurze Nutzungsdauer (Die durchschnittliche Auslastung von Zweitwohnungen liegt durchschnittlich bei einem Drittel der Auslastung von Hotelzimmern.) und geringere Zusatzausgaben der Wohnungsnutzer liegt der volkswirtschaftliche Effekt deutlich unter Hotelbetrieben mit vergleichbarer Kapazität.
  • Die Eigentümer der Apartments  müssen neben dem Kaufpreis auch jährliche Betriebs­kosten aufbringen. Es kommt nicht so selten vor, dass vor allem bei älteren Objekten nach dem Ableben eines Besitzers dessen Erben wenig Interesse haben, diese Zahlungen zu leisten oder einfach nicht auffindbar sind. Aus Geldmangel unterbleiben dann notwendige Reparaturen und Instandhaltungen und die Immobilie wird zunehmend unattraktiv so dass in der Folge weitere Wohnungsbesitzer das Interesse an deren Erhaltung verlieren. Aufgrund des sinkenden Wertes ist es dann auch schwer, Käufer für diese Objekte zu finden.
  • Durch den Verkauf von einem erheblichen Teil der Unterbringungs­kapazitäten können die bestehenden finanziellen Probleme vorerst gelöst und eine betriebliche Weiterentwicklung erreicht werden – wenn auch mit einem neuen Konzept (Hotel und Apartmentverkauf). Aufgrund der beschriebenen Probleme, die eine verlängerte Offenhaltungs­zeit nach sich zieht, ist damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit weitere Maßnahmen zur finanziellen Sanierung einzuleiten sind. Besteht dann auch die Lösung wiederum darin, weitere Apartments zu verkaufen und den Erlös zur Abdeckung der Ausgaben heranzuziehen, wird ersichtlich, dass diese Vorgangsweise keineswegs beliebig oft wiederholt werden kann.

Problematisch aus Sicht der Destinationen ist auch die stark gestiegene Konzentration von Zweitwohnungen in attraktiven Tourismusdestinationen. In Maria Alm ist die Zahl der Zweitwohnsitze mit 2.100 etwas höher, in Saalbach-Hinterglemm mit 5.000 zweieinhalb Mal so hoch wie jene der Hauptwohnsitze. Mittlerweile sind Zweitwohnungen in Lech am Arlberg überhaupt verboten. Die Schweizer stimmten im März dafür, dass der Anteil von Zweitwohnungen in den Gemeinden auf 20 % beschränkt wird – ein Wert, der in einigen Destinationen längst übertroffen wird.

Dass Hoteleigentümer Wohnungen verkaufen, ist in Österreich grundsätzlich auch nichts Neues, die erzielten Renditen für das Hotelprojekt helfen bei der Finanzierung. Die zu erwartenden nachteiligen Effekte sowohl auf betrieblicher Ebene als auch auf Ebene der Destinationen lassen jedoch ein reifliches Abwägen von Für und Wider angeraten erscheinen.

30. Mai 2012, 14:09

Abgesehen von den potenziellen Nutzungskonflikten zwischen Hotel und Wohnungseigentümern (man muß einmal eine Eigentümerversammlung erlebt haben!) fehlen eindeutige Rahmenrichtlinien für den Umgang mit Zweitwohnsitzanträgen. In nicht so wenigen Destinationen droht das Verhältnis zu kippen. Mixed-Use-Konzepte, um die Finanzierbarkeit von neuen Hotels oder die Sanierung von bestehenden Hotels zu ermöglichen, können durchaus Sinn machen, wenn sie in eine Art Hotel-Masterplan der Destination passen.

31. Mai 2012, 11:23

Eine gesunde Portion Skepsis und ein Rechenstift sind sicherlich angezeigt, wenn es um dieses Thema geht. Im Zuge eines Forschungsprojektes, das ich zusammen mit meinem Kollegen Günther Lehar am MCI Tourismus in Innsbruck aktuell bearbeite, wird allein am Vergleich der Tourismus- und Raumordnungspolitik von Tirol, Südtirol und Graubünden der völlig unterschiedliche wirtschaftspolitische Ansatz dieser Länder deutlich: während Südtirol, was Investitionen von außen und Kapazitätserweiterungen betrifft, auf der Bremse steht und Zweitwohnsitze nicht goutiert, stehen in der Schweiz nicht alle, aber viele Zeichen auf Expansion – für neue Tourismus-, aber auch für die Wandlung von „kalten“ in „warme“ Zweitwohnsitzbetten. Eines der spannendsten Dokumente in diesem Zusammenhang ist der Leitfaden zur Entwicklung von Feriendörfern für Kommunen – auch im Zusammenhang mit Franz Hartls Thema interessant. Nachstehend der Link:

http://www.vol.be.ch/vol/de/index/wirtschaft/tourismus_regionalentwicklung/zweitwohnungen.assetref/content/dam/documents/VOL/BECO/de/Wirtschaft/Tourismus_Regionalpolitik/beco-wirtschaft-tour-leitfaden-feriendoerfer.pdf

31. Mai 2012, 17:15

Nach unseren Erfahrungen mit diesen Projekten funktioniert es nur wenn alle Rahmenbedingungen im Detail von Anfang an gut durchdacht sind, das gilt für das Betreiberkonzept ebenso wie für die Raumordnung. Grundsätzlich können aber diese Konzepte in Einzelfällen helfen ein Gesamptkonzept für einen Familienbetrieb finanzierbar zu machen. Verkäufe an Ausländer sind aber nicht mehr so leicht weil der Markt in Holland, England etc. zusammengebrochen ist.

4. Juni 2012, 20:26

Die präzise Analyse von Franz Hartl berücksichtigt maßgebliche Aspekte der Finanzierung von Hotelinvestitionen über den Verkauf von Appartements bzw. der Zweitwohnsitzproblematik in Feriengebieten überhaupt. Allerdings kommt man aus verschiedenen Gründen nicht darum herum, diesen Weg im einen oder anderen Fall zu beschreiten. Ein sorgsames und individuelles Abwägen der mit dem Verkauf verbundenen Vor- und Nachteile ist dabei in jedem Fall geboten.

In unseren Projekten auf Destinations- und Gemeindeebene erleben wir immer mehr Gemeinden, die um eine sinnvolle Relation von Zweitwohnungsbetten zu gewerblich vermieteten Betten bzw. zwischen der Zahl der Zweitwohnsitze und jener der Hauptwohnsitze bemüht sind. Ein gänzliches Verbot wird dabei häufig nicht erlassen, da neue Projekte und auch Erweiterungsvorhaben ohne einen anteilsmäßigen Verkauf in manchen Fällen nicht realisierbar wären und gravierende Problemfälle z.T. überhaupt keine Aussicht auf eine Lösung hätten.

Beispiele für Gemeinden, die eine Regelung hinsichtlich des Zweitwohnungsanteils erarbeitet haben, sind Schröcken in Vorarlberg, wo gemeinsam entwickelte Leitlinien und eine Checkliste für die Beurteilung von Projekten der Gemeinde als Orientierungs- und Entscheidungshilfe dienen. Ähnliches gilt für die Gemeinde Brand, wo eine im Vergleich zu früheren Gepflogenheiten restriktive, aber praktikable und auf einem breiten Konsens beruhende Lösung im Umgang mit Zweitwohnsitzen erarbeitet wurde.

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