16. März 2015 | 10:13 | Kategorie:
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Lenkungsmaßnahmen bei Skitouren

Nach dem anhaltenden Schönwetter der letzten Tage und der Beruhigung der Lawinensituation sind in die Hänge in den Tourengebieten mit Skispuren übersäht. Der seit Jahren anhaltende Skitourenboom entspringt dem Wunsch nach Bewegung in der Natur. Wichtige Treiber sind die alpinen Vereine und die Produzenten und Händler von Sportgeräten und Outdoor-Bekleidung. Letzteres zeigt sich eindrucksvoll an der wachsenden Zahl von Markenstores für Outdoor-Produkte. In die gleiche Richtung weisen Büchertische in den Buchhandlungen und Themenplattformen im Internet.

Ausweitung der Aktionsräume und Verdichtung der Nutzung
Die Folge ist eine starke Zunahme der Nutzungsdichte im Freiraum. Tourenziele werden um ein Vielfaches häufiger frequentiert als noch vor Jahren, und mancher Gipfel ist als Skitourenberg überhaupt erst so richtig in Mode gekommen. Dank des perfekten Skimaterials, der hochwertigen Sicherheitsausrüstung und der tagesaktuellen Informationen über Routen, Wetter, Schneedeckenaufbau, Lawinensituation etc. wird bei geeigneten Verhältnissen jede noch so steile Rinne befahren und auf Websites, in Magazinen sowie in Guides für Free Ski oder Powder Ski dokumentiert. Dass räumliches Ausgreifen und zunehmende Nutzungsdichte im Naturraum zu Interessenkonflikten führen können, liegt auf der Hand.

Individuelle Lösungen für Interessenkonflikte
Bemühungen, diese Problematik speziell im Hinblick auf die Wildökologie und die forstlichen Belange im Bergwald in den Griff zu bekommen und mit allen Stakeholder-Gruppen einvernehmliche Lösungen zu erarbeiten, sind allenthalben und schon seit Längerem im Gange. Dort, wo Lösungen nicht von oben her, sprich von der Landesebene, vorgegeben werden, sondern die Betroffenen vor Ort die Sache selbst in die Hand nehmen, werden Resultate erzielt, die den individuellen Möglichkeiten und Erfordernissen gerecht werden. Über verschiedene Zugänge wird dasselbe Ziel erreicht. Hier zwei Beispiele aus Regionen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Touristische Intensivregion
Das Brixental in den Kitzbüheler Alpen ist eine touristische Intensivregion, die neben dem Hauptgeschäft Pistenskilauf auch anderen Wintersportarten ihre Aufmerksamkeit widmet. Hier wurde vor einigen Jahren ein bemerkenswertes Projekt zur Bewusstseinsbildung und Lenkung der Skitourengeher realisiert und nach dem Woipertouringer benannt, einem Fabelwesen, das sich seit alters her um die Schonung der Natur kümmert. Den Anstoß gab das Netzwerk Naturraum Brixental, in dem auch der Tourismus vertreten ist. Ein Ziel des Netzwerkes ist es, die durch die Skitourengeher hervorgerufenen Belastungen für die Natur und die Wildtiere zu reduzieren. Die dafür notwendige Lenkung der Skitourengeher erfolgt über gezielt gesetzte Infrastrukturmaßnahmen wie Parkplätze, Informationstafeln, Wegweiser und auch Checkpoints für Lawinensuchgeräte. Dazu kommen Informationsmaterialen zur Bewusstseinsbildung. Eine nach wissenschaftlichen Kriterien vorgenommene Evaluierung brachte positive Ergebnisse sowie wertvolle Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Initiative.

Region mit geringer Tourismusintensität
Demgegenüber weist das Sellraintal mit Ausnahme des oben am Pass gelegenen Kühtai nur eine geringe Tourismusintensität auf. Das Tal besitzt kaum technisch geprägte Freizeitinfrastrukturen, ist aber dank der Fülle an Tourenmöglichkeiten in allen Schwierigkeitsgraden ein Paradies für Skitourengeher. Zudem haben die Freerider die vielen Steilrinnen und verschneiten Felsflanken als herausfordernde Spielwiese entdeckt.

Im Sellraintal haben sich Gemeinden, Jäger, Grundbesitzer, Vertreter des Tourismus und der alpinen Vereine an einen Tisch gesetzt, um nach Maßnahmen zur Beilegung bestehender und zur Verhinderung künftiger Konflikte zu erarbeiten. Auch sie folgten dem Motto „Lenken statt verbieten“ und entwickelten für stark frequentierte Tourenziele eine interessante Lösung: Zur Lenkung der Skitourengeher nützen sie bestehende Strukturen wie Schneisen im Hochwald (u.a. die Folge von Windwürfen), die sie durch umsichtige Schlägerungen adaptieren. Das hat für die Tourenskifahrer den Vorteil, dass sie in dem meist steilen und mühsam zu begehenden Waldgürtel für den Aufstieg und die Abfahrt offene Flächen vorfinden. Ergänzend dazu kommen natürlich auch Markierungen und Wegweiser zum Einsatz. Lenkungsmaßnahmen gelten aber nicht nur den Skitourengehern, sondern auch den Tieren. Daher werden  Wildfütterungen an ruhige Plätze abseits der Skitourenrouten verlegt.

Die Verantwortung der Touristiker
Unabhängig vom Entwicklungsstand und der Intensität des Tourismus ist den Verantwortlichen in beiden Regionen die Bedeutung des Skitourenlaufs für den Tourismus bewusst, sie wissen aber auch um die damit verbundene Problematik im Freiraum. Beide Beispiele zeigen, dass sich der Tourismus nicht allein auf die Bewerbung der Skitourengeher bzw. Outdoor-Sportler beschränken darf. Er muss auch seinen Beitrag zur Bewusstseinsbildung leisten und dazu beitragen, dass bei der Wahrnehmung von Freizeitaktivitäten in der Natur Konflikte mit anderen Nutzungsinteressen weitestgehend vermieden werden.

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