13. Februar 2017 | 15:50 | Kategorie:
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Warum sich DMO Funktionäre weiterbilden müssen

Die Sprecherin eines Branchenverbandes rief im Rahmen einer Jahrestagung ihre Mitglieder dazu auf, sich lokal und regional wirtschaftspolitisch zu engagieren. Dies ist eine sehr wichtige Botschaft – und bezogen auf Tourismusorganisationen – in dieser Ausdrucksform ein “Gamechanger”.

Viel öfter hört man, wie ein etablierter Tourismusberater in diesem Zusammenhang in einer Branchenzeitung zitiert wurde, dass DMOs ineffizient sind, an den Betrieben vorbei arbeiten und keine Betten verkaufen.
(Artikelupdate: Dies ist nicht die Meinung des Tourismusberaters, sondern er zitierte im Rahmen seines Vortrags die beispielhafte Meinung vieler Unternehmer.)

Systeme bestehen aus Kommunikation, ihre Mitglieder sind austauschbar
Diese Theorie bestätigt sich im Rudel-Verhalten von Fußballfans in der Stadionkurve oder in der Politik, wenn ein neuer Politiker allzu motiviert sein Amt ausübt.
In Zusammenhang mit DMOs ähnelt die Kommunikation über – aber auch in den Gremiensitzungen – von Tourismusorganisationen eher einer emotionalen Stammtisch-Diskussion als dem eines wichtigen, regionalen Wirtschaftszweiges.

Dass sich unter diesen Voraussetzungen die Begeisterung von jungen, gut ausgebildeten Unternehmerinnen, zur Mitarbeit in den Gremien in Grenzen hält? Wenig verwunderlich.

Arbeiten am System nicht nur im System
Tourismusmanager leisten, trotz dieses Spannungsfeldes, hervorragende Arbeit im Marketing, sie führen die Mitarbeiterinnen in der Organisation, sie betreuen ihre Mitglieder und in den meisten Fällen machen sie auch noch die Arbeit ihrer Funktionäre.

Die ideale Tourismusorganisation hat 1 Million irgendwas….
Aktuelle Organisationstheorien sind vielfach geprägt von einer Idealisierung der Konzernstrukturen anderer Branchen. Sie wurden entwickelt vor der aktuellen Technologie Landschaft. 1 Million Euro / …Nächtigungen oder die Kombination der beiden Meßgrößen stellen Leitplanken dar.

Durch den Wandel von der “Old Economy” zur “New Economy” stehen auch die Organisationsmodelle auf dem kritischen Prüfstand. 1 Mio Euro Budget sagen noch nichts über die Effektivität des Mitteleinsatzes aus.

Die Übertragung der 1 Mio Übernachtungszahl als Borte für eine Destinationsgröße, sagt nichts über Tourismusintensität & Professionalisierungsgrad aus. Das Gegenteil ist oft der Fall – durch die geografische Vergrößerung des Betreuungsgebietes wird die Arbeit der Tourismusorganisation noch komplexer und die Spannungsfelder werden noch größer.

Die Arbeit am System DMO ist jedenfalls aufgrund des aktuellen technologischen und gesellschaftlichen Wandels unumgänlich, Theorien über Netzwerkmanagement oder Holacracy scheinen hilfreich.

Wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts?
Manche Destinationen weisen, ähnlich wie Resorts, eine hohe Konzentration einiger weniger Unternehmen auf. Diese verfügen über relativ gesicherte Daten als Basis für Management Entscheidungen.
Global agierende Onlineplattformen, welche ihre Entscheidungen im Management und Marketing auf Basis von Echtzeitdaten treffen, sind die jüngsten Stakeholder im Tourismus.

Viele Tourismusorganisationen erfahren 1 Monat im Nachhinein, wie viele Gäste in ihre Destination gekommen sind und wie lange sie geblieben sind. Was die Gäste tun, kann nur durch Stichproben Befragung eruiert werden. Bei der Planung von zukünftigen  Aktivitäten, können DMOs meist nur Daten des Vorjahres heranziehen. Ein klarer Wettbewerbsnachteil bei Marketing- und Vertriebsaktivitäten, ein klarer Auftrag diese Situation zu verbessern.

Organisationsentwicklung als Chance für DMOs
“Wir sollten Organisationen schaffen, die eher wie Städte und weniger wie bürokratische Unternehmen sind,” meint Tony Hsieh, Gründer von Zappos (Onlinehändler für Schuhe und Kleider, ziemlich groß)

Ihn fasziniert, wie sich Menschen durch Selbstorganisation, Ressourcen und Räume teilen, territoriale Grenzen und Verantwortlichkeiten verstehen, respektieren und ihr wirtschaftliches Auskommen sichern. Natürlich gibt es in jeder Stadt Regeln und Verwaltung, aber die Stadtbewohner oder Unternehmen haben keinen direkten Vorgesetzten.

“Wenn du bei der Feuerwehr was werden möchtest, musst du Kurse machen. Im Tourismusverband brauchst nur die Hand zu heben und du wirst zum Obmann gewählt” meinte einst der Bürgermeister einer sehr “lässigen” Gemeinde in Österreich, bei der Betrachtung der österreichischen TVB Struktur.

DMO Gamechanger schaffen:

  1. einen positiven, konstruktiven Kommunikationsstil innerhalb und über die eigene Tourismusorganisation
  2. eine kritische Auseinandersetzung über den Sinn und Zweck der eigenen Organisation im Umfeld geänderter Rahmenbedingung. Vielfach wird dabei das Thema Marketing zukünftig eine untergeordnete Rolle spielen.
  3. ein Ausbildungsprogramm für Funktionäre, z.B. über das aktuelle Wettbewerbsumfeld, Ziel- und Strategieformulierungen, Sitzungsführung, die Bearbeitung von Spannung, usw…  und minimieren dadurch Reibungsverluste

Ich kenne viele ausgezeichnete Unternehmer und viele großartige Tourismusmanager. Kennt jemand ausgezeichnete Organisationen, die bereits aktiv den Wandel der eigenen Organisation gestalten?

13. Februar 2017, 16:38

Lieber Reinhard Lanner,
mit dem Satz „Viel öfter hört man, wie ein etablierter Tourismusberater in diesem Zusammenhang in einer Branchenzeitung zitiert wurde, dass DMOs ineffizient sind, an den Betrieben vorbei arbeiten und keine Betten verkaufen“ spielen Sie auf einen Bericht über meinen Vortrag beim ÖHV Kongress an. Wenn Sie genau lesen oder meinen Vortrag gehört oder nachgehört haben, dann bemerken Sie, dass ich damit die beispielhafte Meinung von Hoteliers über die TVBs zitiert habe. Dazu gibt es auch eine Folie mit meinem Einleitungssatz „Viele Hoteliers hauen bei den Tourismusverbänden auf den Tisch und checken, ob das Geld aus Mitgliedsbetrieben nicht effizienter eingesetzt werden kann. Beispielsweise werden die TVBs konfrontiert mit Aussagen wie….“ – und dann kommt das, was Sie mir in den Mund legen.
Ich mag kontroversielle Diskussionen und bin mit den Inhalten Ihres Textes weitgehend einer Meinung.

14. Februar 2017, 0:09

Lieber Manfred Kohl,
ich war leider nicht beim Vortrag, habe lediglich den Bericht zitiert und dabei keine Sekunde daran gedacht, dass dies ihre persönliche Meinung ist, sondern eben die Meinung vieler Unternehmer.- dachte das käme auch hier klar zum Ausdruck. Danke für die ergänzenden Infos, ich aktualisiere den Bericht sehr gerne um Missverständnisse auszuschließen.

14. Februar 2017, 12:48

Hochschwarzwald, Tirol u.a.

15. Februar 2017, 22:58

Ja ein Ausbildungsprogramm für Funktionäre ist seit Jahrzehnten überfällig- Wenn ein Geschäftsführer Glück hat, bekommt er einen Obmann, der über eine entsprechende im Idealfall akademische Ausbildung möglichst im Marketingbereich hat und kann so mit diesem sinnvoll auf einer Ebene kommunizieren. Wenn nicht, dann muss Basiswissen oft mühsam und entschuldigend nähergebracht werden. Insbesondere in Tirol ist die Doppelgleisigheit von Obmännern die ein Bühne brauchen und Geschäftsführern, die der eigentlichen Bedeutung des Wortes sehr oft auf Grund von Behinderung in Ihrer Tätigkeit oft nicht gerecht werden können, noch immer viel zu gross. Wenn die wichtigste Tätigkeit eines Tourismusdirektors lt. Gesetz das Führen eines Protokolles ist………..

17. Februar 2017, 11:36

Ich möchte noch mal meinen Gedanken präzisieren: Es geht keinesfalls um ein Funktionärs-Bashing.
Ich habe großen Respekt vor jedem und jeder, die sich für Funktionen in den DMOs bereit erklärt. In den meisten Fällen unbezahlt, oft auch unbedankt.

Ich sehe einen Bedarf an Prozessen, welche das System weiterentwickeln. Dazu braucht es ein Grundverständnis aller, über die Wirkung und Beharrlichkeit von Systemen/Organisationen.
Und diese Aufgabe kann nicht ausschließlich den – ohnedies ausgelasteten – Tourismusmanagern übertragen werden, hier braucht es Initiativen der Gremien oder neuen Kooperation von DMOs.

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