24. Oktober 2011 | 20:03 | Kategorie:
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Krisengeschütteltes London?

Wenn ich bisher dachte, nach Athen (Olympische Sommerspiele 2004), Portugal (Fußball-EM 2004) oder Klagenfurt (EURO 2008) könnte mich – was Sportevent-Altlasten und damit verbundene Kosten betrifft – nichts mehr erschüttern, wurde ich unlängst durch die Lektüre des London Evening Standard eines Besseren belehrt: so krisengeschüttelt kann eine Volkswirtschaft gar nicht sein, dass sie nicht – nach dem klassischen Motto „panem et circenses“ – Millionen und Abermillionen für Organisation und Durchführung von Sportevents ausgibt. Aber vielleicht liegt es auch an mir, dass sich mir der tiefere Sinn von politisch durchgewunkenen Nebenkosten nicht erschließt: im Falle von London 2012 haben kluge Köpfe berechnet, dass beispielsweise der Underground-Knoten „Canary Wharf“ der Jubilee-Line (rund 42 Millionen Fahrgäste pro Jahr) zusammenbricht, wenn während der Spiele nicht rund 60% der Erwerbstätigen aus diesem Bereich zuhause bleiben. Der Bürgermeister von London hat diesbezüglich bereits eine Empfehlung an Arbeitgeber und Arbeitsnehmer ausgesprochen. BITTE?

Darf ich das so verstehen, dass die Bevölkerung von London über ihre Steuern und Abgaben nicht nur beispielsweise 12 Millionen Pfund für ein technisch ausgereiftes Sensorsystem finanzieren soll, damit die Limousinen des VIP-Verkehrs bei „grüner Welle“ durch die Millionenmetropole fahren können? Auf einer eigenen Fahrspur, versteht sich, die auch Taxis nicht befahren dürfen, selbst wenn sie zu den Sportstätten unterwegs sind? Wo 500 Pfund Strafe all jene erwarten, die sich widriger Weise dorthn verirrt haben?

Darf ich das so verstehen, dass wir hinkünftig nicht nur überdimensionierte Sportstätten und Infrastrukturen mit Steuergeldern (oder auf Pump) errichten, sondern zeitweise auch die volkswirtschaftliche Produktion aussetzen, um den reibungslosen Ablauf dieser Events nicht zu stören? Oder verordnen wir einen zeitweisen Arbeitsstopp, damit die Nachhaltigkeitsbilanz stimmt? Ist das Teil des Konzeptes all jener, die sich „Green Games 2012“ auf die Fahnen heften?

Ich dachte, Großbritannien kämpft seit 2008 mit Staatsverschuldung, Sparpaketen und Arbeitslosigkeit. Aber offenbar bin ich die Einzige, die eine Krise hat…

 

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