17. November 2010 | 10:38 | Kategorie:
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Plädoyer für die „Tourismusverträglichkeitsprüfung (TVP)“

Öffentliche Fördertöpfe scheinen noch immer zu prall gefüllt zu sein. Anders lässt sich die Tatsache kaum erklären, dass unzählige, staatlich finanzierte Veranstaltungen ohne jeglichen Blick auf touristische Potenziale bei Gestaltung und Marketing durchgeführt werden. Millionen und Abermillionen Euros fließen jährlich sowohl in die Durchführung als auch in die Kommunikation von Ausstellungen, Events, Sportveranstaltungen oder Shopping Nights. Ob Kulturträger, Sportveranstalter oder Handel: alle kommunizieren „vehement“ ihr ureigenstes Thema an „ihre“ Zielgruppe, niemand denkt an Querschnitts-Logiken. Vielfach steht zu allem Überfluss dabei ein Eigentümer und Zahler für all diese Zersplitterung im Hintergrund: die öffentliche Hand in Gestalt von Landes-Sport-Resorts und Landes- Kulturabteilungen und – nicht zu vergessen – Landes- Tourismusorganisationen.In Zeiten drastischer Sparpakete und sinkender Mittel könnte die Zeit endlich reif für neue Wege sein. Das gemeinsame Suchen von Schnittmengen aller beteiligten Institutionen bereits in der Phase der Produktentwicklung muss oberstes Ziel werden. Die Akteure sollten sich essentielle Fragen stellen wie: Welche Produkt-Voraussetzungen braucht der Tourismus, damit eine Ausstellung oder eine Theater-Produktion auch wirklich vermarktbar ist? Wie muss ein ATP-Tennis-Turnier konzipiert und aufgesetzt werden, damit man nicht nur Einheimische dafür begeistern kann? Wie wird ein Pop-Konzert zu einem touristischen Incoming Event?

Die Lösung liegt eigentlich zum Greifen nahe: eine verpflichtende „Tourismusverträglichkeitsprüfung“ für (mit öffentlichen Mitteln) bezuschusste oder basisfinanzierte Institutionen und Großveranstaltungen. Dabei soll weder neue Bürokratie noch ein zweifelhafter Logoaustausch auf Sporthallen-Banden und in Kulturbroschüren entstehen. Eine bereits im Planungsprozess abgestimmte Produktgestaltungs-, Marken- und Marketingpolitik bietet die Chance auf „neue“ touristische Produkte. Diese finden wiederum „neue Nutzer und Kunden“ auch für andere Sektoren und erzeugen damit eine „win win“ Situation für alle Beteiligten.

17. November 2010, 19:40

Die Forderung nach einer Tourismusverträglichkeitsprüfung ist ein interessanter Ansatz zur zielgerichteten Verwendung öffentlicher Gelder. Es ist ein sinnvolles Vorgehen, wobei natürlich zu berücksichtigen ist, dass es im Hinblick auf den Einsatz öffentlicher Gelder auch andere Verträglichkeiten gibt, die ihre Berechtigung haben und die sich für eine Prüfung anbieten. Dank des zunehmenden Bewusstseins um den Wert von Synergieeffekten, nicht zuletzt aber auch vor dem Hintergrund angespannter Budgets hat sich in den letzten Jahren einiges getan, was der besseren Abstimmung und dem effizienteren Einsatz öffentlicher Mittel dient. So gibt es quer durch Österreich eine Reihe von Projekten, die verschiedene Interessenbereiche wie Kunst, Kultur oder Sport gemeinsam mit dem Tourismus entwickeln und bei denen die von Martin Schuhmacher genannten Fragen bereits in der Planungsphase beantwortet werden.

Ein Beispiel dafür ist das Projekt Horizon Field in Vorarlberg, wo hundert von Anthony Gormley entworfene, lebensgroße Eisenfiguren über eine Fläche von 150 km² und exakt in einer Höhe von 2.039 m aufgestellt wurden. Schauplätze des Geschehens sind der Hintere Bregenzerwald und der Arlberg. In diesem Fall haben Kultur und Tourismus gemeinsam mit mehreren Landesstellen und Gemeinden sowie mit unterschiedlichen Interessenbereichen eng zusammengearbeitet und etwas geschaffen, das der Kunst und dem Tourismus in gleicher Weise zugute kommt: Die Kunst hat ein interessantes Projekt realisiert, Vorarlberg unterstreicht damit seine Positionierung als Kulturdestination und der Tourismus gewinnt neue Gäste für das Land und seine Regionen.

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