14. Oktober 2020 | 20:45 | Kategorie:
0

Österreich fährt Ski? Zum Stand der Vorbereitungen!

Reisewarnungen oder gar Ausgangsbeschränkungen sind das Damoklesschwert über der Skisaison 2020/2021. Wenn die Gäste nicht mehr anreisen dürfen oder die damit verbundenen Strapazen überhand nehmen, dann hilft auch keine konzertierte Werbekampagne mehr wie sie die Schweizer Kollegenschaft gerade mit „Die Schweiz fährt Ski!“ nicht uncharmant vorzeigt. Die Botschaften ähneln einander im gesamten Alpenraum: Bei Einhaltung einfacher Verhaltensregeln sei das Skivergnügen im doppelten Wortsinn sicher.

Dennoch zeichnet sich (wie hier am TP-Blog bereits diskutiert) ein eher uneinheitliches, jedenfalls international nicht abgestimmtes Vorgehen der Skigebiete in Sachen COVID-19-Prävention und der entsprechenden Business-to-Consumer-Kommunikation ab. ORF Tirol titelt dazu vor kurzem mit „Eigene Spielregeln in jedem Skigebiet“ und meint weiter: „Zahlreiche Tourismusorte nehmen die Maßnahmen für den Winterstart selbst in die Hand. Das Konzept der Bundesregierung ist vielen Betrieben und Regionen zu oberflächlich und zu unklar.“

Vorgaben auf Bundesebene

Die COVID-19-Maßnahmenverordnung (vormals COVID-19-Lockerungsverordnung, kurz COVID-19-MV) des Gesundheitsministers legt die jeweils gerade gültigen, letztlich auch für den Betrieb eines Skigebietes relevanten Rahmenbedingungen fest. Seilbahnen haben bekanntlich die Regelungen für Massenbeförderungsmittel (1-Meter-Mindestabstand gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, sowie verpflichtende Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung) sinngemäß anzuwenden.

Sollten die in § 1 COVID-19-MV für Massenbeförderungsmittel festgelegten Ausnahmen („Ist auf Grund der Anzahl der Fahrgäste sowie beim Ein- und Aussteigen die Einhaltung des Abstands von mindestens einem Meter nicht möglich, kann davon ausnahmsweise abgewichen werden.“) nicht mehr gelten, dann hätte dies gravierende Konsequenzen. Manche Skigebiete könnten z.B. aufgrund der Struktur ihrer Zubringerbahn(en) wohl kaum die für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderliche Anzahl von Gästen aufnehmen. Wobei für die kommende Wintersaison ohnehin zu befürchten ist, dass die Nachfrage in der Gesamtbetrachtung (und mit wenigen Ausnahmen) deutlich zurückgehen wird.

Die Bundesregierung hat im Dokument „Sicherer Wintertourismus in Österreich – Winterregeln“ die allgemeinen Regelungen v.a. der COVID-19-MV auf den spezifischen Kontext heruntergebrochen, spricht darüber hinaus Empfehlungen aus und kündigt im Zusammenhang mit einer zentralen Aussage („Skivergnügen ja – aber ohne Après-Ski!“) für die Wintersaison an, dass Speisen und Getränke auch im Freien grundsätzlich nur mehr an einem Verabreichungsplatz konsumiert werden dürfen. Außerdem wird auf die einschlägigen „Handlungsanleitungen“ des Fachverbandes der Seilbahnen und des Österreichischen Skischulverbandes verwiesen. Die Unternehmen sollen ihre individuellen COVID-19-Präventionskonzepte entlang dieser (rechtlich allerdings nicht bindenden) Branchenleitlinien erstellen.

Das von der Bundesregierung organisierte (und finanzierte) PCR-Testprogramm „Sichere Gastfreundschaft“ für Hotellerie und Gastronomie wurde zwar im Hinblick auf die Wintersaison um Schneesportlehrer*innen und Berg- und Skiführer*innen erweitert, die Mitarbeiter*innen der Seilbahnen werden jedoch voraussichtlich nicht in den Förderkreis aufgenommen. Was das routinemäßige Screening von symptomlosen Personen im Tourismus anbelangt, gibt es kritische Stimmen aus der Wissenschaft; demnach sollen Laborkapazitäten zur Auswertung von PCR-Tests primär für Risikogruppen eingesetzt werden. Vielleicht wird in der Wintersaison nicht nur bei Veranstaltungen und Gästen, sondern auch beim Personal stärker auf die deutlich günstigeren Antigen-Schnelltests gesetzt.

Skibetrieb während der Pandemie

Die durchaus positiven Erfahrungen aus dem Sommerbetrieb der Bergbahnen sind leider nur bedingt aussagekräftig, was die aktuell bei den Gletscherskigebieten (hier deren COVID-19-Präventionsmaßnahmen in Tirol) auch wieder in Europa anlaufende Wintersaison anbelangt. Denn der Skibetrieb birgt strukturell aufgrund des höheren Gästeaufkommens z.B. in Anstellbereichen, Fahrbetriebsmitteln und der Berggastronomie, aber auch der bisher gewohnten Kundenreise mit Skibus, Skiverleih und Skischule mehr Infektionsrisiken.

Der Bericht der „Rohrer-Kommission“ in Tirol beschäftigt sich mit dem Zeitraum bis zum 14. Mai 2020, also der ersten Phase der Pandemie. Daher wären Erfahrungen aus der südlichen Hemisphäre, der ersten vollen Wintersaison während der Pandemie, umso wertvoller. Die fallen jedoch (je nach epidemiologischer Situation) komplett unterschiedlich aus: Skigebiete in Neuseeland konnten mit verstärktem Inlandstourismus die fehlenden australischen Gäste teilweise kompensieren, wohingegen in Südamerika vielfach ein Totalausfall zu beklagen ist.

Die von Skigebieten ergriffenen Maßnahmen sind weltweit ähnlich, wenn auch durchaus unterschiedlich entschlossen vorgegangen wird: Vail Resorts zieht z.B. in seinen nordamerikanischen Skigebieten ein (auch für Saisonkarten-Inhaber*innen) verpflichtendes Reservierungssystem durch. Zudem werden Liftkarten grundsätzlich nur noch online verkauft. Bei geschlossenen Fahrbetriebsmitteln wird die Anzahl der Fahrgäste stark reduziert.

Generischer Maßnahmenkatalog in Skigebieten

Folgende Maßnahmen sind grundsätzlich aus präventiven Gründen bzw. auch zur Optimierung der Auslastung vorstellbar, vielfach auch bereits in Umsetzung (Hinweise und Ergänzungen bitte als Kommentar hinterlassen):

COVID-19-Präventionsmaßnahmen im engeren Sinn

  • Verhaltensregeln für Gäste und Mitarbeiter*innen (z.B. Schlauchschal tragen) vorgeben und deren Einhaltung kontrollieren
  • Gruppengrößen reduzieren (z.B. Skischule)
  • Verstärkte Hygiene und Desinfektionsroutinen durchführen
  • Kontaktverfolgung (Registrierung, App) ermöglichen
  • COVID-19-Tests für Gäste und Mitarbeiter*innen anbieten
  • COVID-19-Monitoring (z.B. Abwasseranalyse) einsetzen

Kapazitätsmanagement und Besucherlenkung

  • Kapazitäten über zeitliche und/oder mengenmäßige Kontigentierung beschränken
  • Maßnahmen zur besseren zeitlichen und örtlichen Verteilung der Gäste ergreifen
    • Gästeinformation über tatsächliche und/oder prognostizierte Auslastung aufbereiten
    • Öffnungszeiten ausdehnen, zusätzliche Produkte anbieten
  • Förderleistung bei kuppelbaren Aufstiegshilfen über Fahrgeschwindigkeit erhöhen
  • Online-Buchbarkeit erhöhen (auch Reservierungen), bargeldlose Bezahlung ermöglichen
  • Anstellbereiche gut gliedern und Hilfe anbieten

Sonstige Maßnahmen

  • Stornobedingungen, AGBs und Hausordnung anpassen
  • Allfällige (teilweise) Refundierung von Saisonkarten neu regeln

Aktivitäten der Bundesländer

Das Land Vorarlberg hat mit dem „Winterkodex V“ ein umfassendes Maßnahmenpaket vorgelegt. Das Land Tirol hat (gemeinsam mit Vorarlberg) das MCI mit dem Forschungsprojekt „COVID19 – Risikomanagement Wintertourismus“ beauftragt. Die Taskforce „Sicher rausgehen in Niederösterreich“ begleitet nach Ausflugszielen und kommunaler Sport- und Freizeitinfrastruktur während der Sommersaison nunmehr auch Skigebiete, die u.a. bei der Erstellung eines gemeinsamen Präventionskonzeptes aller Leistungsträger unterstützt werden.

 

Kommentieren

Ihre Daten werden im Rahmen der Kommentarfunktion gespeichert, darüberhinaus aber für keine weiteren Zwecke verwendet. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentar zurücksetzen