2. März 2016 | 17:03 | Kategorie:
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Klimawandel und Tourismusstrategie in Vorarlberg

In Ergänzung zu den sieben Thesen zur Zukunft des Wintertourismus bzw. zu ihrer Vertiefung soll im TP Blog anhand von Beispielen dargelegt werden, auf welche Weise Tourismusorganisationen und Betriebe den mit dem Klimawandel verbundenen Herausforderungen begegnen.

Initiative von Landesregierung und Tourismus
Beginnen wir ganz im Westen! Dort haben Vorarlberg Tourismus und die Vorarlberger Landesregierung das Thema Klimawandel und seine Folgen aktiv aufgegriffen. Vorarlberg Tourismus hat gemeinsam mit den drei Destinationen Bregenzerwald, Alpenregion Bludenz und Arlberg bereits im Jahre 2013 eine Studie veranlasst mit dem Ziel, die Auswirkungen des Klimawandels auf langfristige Entwicklungen im Vorarlberger Tourismus besser abschätzen und konkrete Maßnahmen ergreifen zu können. Und mit Beginn dieses Jahres hat die Vorarlberger Landesregierung ihre Strategie zur Anpassung an den Klimawandel beschlossen. Darin werden alle Sektoren, die für das Leben und Wirtschaften im Lande relevant sind, unter dem Aspekt des Klimawandels beleuchtet – so auch der Tourismus. Die definierten Handlungsfelder und Anpassungsziele bilden die Grundlage für Aktionspläne, die nun auszuarbeiten sind.

Individuelle Anpassungsstrategien
Beide Studien weisen unmissverständlich darauf hin, dass der Klimawandel auch in Vorarlberg seine Spuren hinterlassen wird. Für den Wintersporttourismus bedeutet dies, dass niedere und mittlere Lagen in absehbarer Zukunft keine ausreichende (auch technisch unterstützte) Schneesicherheit mehr bieten können, wogegen höher gelegene Gebiete noch auf lange Sicht als schneesicher gelten. Kaum oder überhaupt nicht betroffen sind die Vorarlberger Skigebiete von den Folgen des auftauenden Permafrosts, da sie nicht bis in die Gletscherregion hinaufreichen. Damit bleibt ihnen viel Ärger und zusätzlicher Kostenaufwand erspart.

Zweisaisonaler Rhythmus am Arlberg
In höheren Lagen, wie am Arlberg, wird dank der natürlicher Schneefälle und der technischen Beschneiung auch in Zukunft klassischer Wintersporttourismus stattfinden. Zusätzlich werden die höheren Lagen davon profitieren, dass sich das Wintersportgeschehen mehr und mehr dorthin verlagern wird. Am Arlberg – ebenso wie in vergleichbaren Destinationen – wird es aber auch darum gehen, die guten Ansätze zur Belebung der Sommersaison weiterzuentwickeln, beispielsweise die bereits bewährten Bewegungs-, Sport-, Kultur- und Gesundheitsangebote (u.a. Philosophicum, Medicinicum) samt den dazugehörenden Infrastrukturen (Orts- und Wanderbus, Grüner Ring, Aufenthaltsqualität im Ort usw.). Daraus resultiert ein zweisaisonaler Tourismus, der in Zukunft den Rhythmus des Geschehens am Arlberg wie auch in anderen höheren Lagen prägen wird.

Ganzjahrestourismus im Bregenzerwald und in der Alpenregion
Die mittleren und niederen Lagen hingegen sind angehalten, die Sommersaison gegen das Frühjahr und den Herbst hin auszudehnen und sich am Ganzjahrestourismus zu orientieren. Für sie gilt es, Angebote zu forcieren, die sie gegenüber regionalen und saisonalen Witterungseinflüssen weitestgehend unabhängig machen. Erfolgreiche Betriebe in den Destinationen Bregenzerwald und Alpenregion Bludenz zeigen, wie dies ganzjährig funktionieren kann: anregendes Ambiente, erstklassiger Service, hochwertige Kulinarik, Bewegung in freier Landschaft, Sport, Verknüpfung von Natur, Kultur und Kunst, aber natürlich auch Gesundheit und Wellness in Häusern, in denen sich die Gäste rundum wohlfühlen. Dank ihrer Vorbild- und Leitfunktion sind diese Betriebe denn auch Kristallisationskerne für die Weiterentwicklung des Ganzjahresangebots in der Destination.

Als in hohem Maße mitentscheidend für den langfristigen Erfolg des Ganzjahrestourismus in Regionen mit (in Zukunft) fehlender Schneesicherheit gilt die enge Vernetzung zwischen dem Tourismus und den anderen Branchen. Wie die in dieser Hinsicht bereits weit fortgeschrittene Entwicklung im Bregenzerwald bestätigt, entsteht dadurch ein stabiles, kleinstrukturiertes, betriebliches Netzwerk, das sich durch Innovationsfreudigkeit und Flexibilität auszeichnet (z.B. Käsestraße, Werkraum) und das ein wesentlicher Bestandteil eines attraktiven, pulsierenden Lebensraums ist, in dem sich die Gäste gerne aufhalten – und das an 365 Tagen im Jahr.

Positive Effekte für den Sommertourismus
Der Klimawandel wird sich auch im Sommer bemerkbar machen, wo in alle Höhen mit angenehmeren Temperaturen zu rechnen sein wird, was den Bemühungen um die Ausdehnung der Sommersaison in das Frühjahr und in den Herbst hinein dienlich ist. Die sich abzeichnende, relative Klimagunst im Vergleich zu den städtischen Agglomerationsräumen in den Hauptherkunftsgebieten der Gäste und gegenüber den klassischen Sommerurlaubszielen in den Mittelmeerländern lässt eine stärkere Nachfrage nach Sommeraufenthalten in alpinen Regionen erwarten. Das kommt sowohl der Stärkung der Sommersaison in höher gelegenen Orten zugute als auch dem Ausbau des Ganzjahrestourismus in mittleren und tieferen Lagen.

Entscheidungshilfe für den Ressourceneinsatz
Die Empfehlungen, die aus der Analyse der Klimawandelfolgen für den Vorarlber-ger Tourismus resultieren, decken sich in ihrem Kern mit den Zielsetzungen des Tourismusleitbilds Vorarlberg 2010 und der Vorarlberger Tourismusstrategie 2020. Auch dort gehören witterungsunabhängige Angebote, Ganzjahrestourismus, branchenübergreifende regionale Vernetzung und Sicherung der kleinbetrieblichen Struktur zu den zentralen Themen.

Die aus der Auseinandersetzung mit dem Klimawandel gewonnenen Erkenntnisse bestätigen somit auf weite Strecken den schon bisher eingeschlagenen Weg und sie helfen, die weiteren Schritte zu präzisieren und an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Das Wissen, das aus der Auseinandersetzung mit dem Klimawandel und seinen Folgen resultiert, schafft somit Planungssicherheit im Hinblick auf den künftigen Einsatz von Ressourcen für den Tourismus.

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