13. August 2013 | 08:21 | Kategorie:
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Freizeitwohnsitze in Tourismusorten – Es brennt der Hut

Beobachtungen in Tourismusgebieten lassen zwei Phänomene erkennen: Zum einen die Verkäufe von Familien geführten Hotels an ausländische Investoren (z.B. aus Russland, Polen, Tschechien), zum anderen die ungebrochene Nachfrage nach Freizeitwohnsitzen. Letztere führt u.a. zu einem Umwidmungsdruck bei Hotels, die ihre ursprüngliche Funktion aufgeben und sie begünstigt die Bemühungen, Hotelinvestitionen über den Verkauf von Freizeitwohnsitzen (mit) zu finanzieren.

Vordringen in bisherige „Tabuzonen“
Diese Entwicklungen sind inzwischen auch dort festzustellen, wo man dies bis vor kurzem nicht erwartet hätte. Betroffen sind also immer mehr Destinationen, und das mit zunehmender Geschwindigkeit. In beiden Fällen – Verkauf von Hotels an ausländische Investoren und Zunahme der Freizeitwohnsitze – stellt sich die Frage, was das für den von Familienbetrieben und aktiven Dorfgemeinschaften geprägten Tourismus im alpinen Raum für Konsequenzen hat.

Gemeinsame Aktion von Tourismusbürgermeistern
Angesichts des Ernstes der Lage haben sich neulich 13 Bürgermeister von Tourismusgemeinden aus Vorarlberg, Tirol und Salzburg in Lech am Arlberg getroffen, um angesichts der überbordenden Freizeitwohnsitze über mögliche Gegenstrategien zu beraten. Vertreten waren Gemeinden, in denen Freizeitwohnsitze bereits eine lange Tradition haben und einen ansehnlichen Anteil am Gesamt der Wohnungen bzw. Haushalte ausmachen wie z.B. Seefeld in Tirol. Dabei waren aber auch Gemeinden, die bislang mit dem Thema Freizeitwohnsitze noch nicht so sehr konfrontiert waren, wo die Sache aber in jüngster Zeit akut geworden ist oder bald einmal aktuell werden könnte wie z.B. Galtür, Sölden oder Serfaus.

Derzeitiges Instrumentarium reicht nicht aus
Ziel des Treffens der Bürgermeister war es, rechtliche Instrumente einzufordern, die helfen, die Problematik in den Griff zu bekommen, insbesondere auch die der illegalen Freizeitwohnsitze. Das ist ein hoher Anspruch, gibt es doch viele Umgehungsmöglichkeiten und ist die Ahndung illegaler Nutzungen ein schwieriges und langwieriges Unterfangen. Denn der tatsächliche Anteil der Freizeitwohnsitze an den gesamten Wohneinheiten einer Gemeinde liegt oft deutlich über den in der Statistik ausgewiesenen, offiziellen Quoten (in Kitzbühel z.B. 30 % gegenüber den offiziellen 17 %).

Forderungen der Bürgermeister
Aus der Sicht der Bürgermeister sind neue Instrumente notwendig, da die derzeitigen nicht ausreichen, um die Entwicklung in den Griff zu bekommen. Sie haben daher folgende Forderungen in eine Petition verpackt und an die Landesregierungen adressiert:

Beweislastumkehr: Das bedeutet, dass bei begründetem Verdacht einer illegalen Nutzung einer Wohneinheit der Eigentümer beweisen muss, dass es sich nicht um einen Freizeitwohnsitz handelt. In Tirol z.B. ist die Beweislastumkehr zwar im Grundverkehrsgesetz enthalten, sie sollte aber auch im Raumordnungsgesetz verankert sein, um die tatsächlich angegebene Nutzung dauerhaft sicherstellen zu können. Hier geht es insbesondere auch darum, Regelungen, die derzeit auf der Vertragsraumordnung basieren, in hoheitliche Regelungen überzuführen.

Zu den weiteren Forderungen zählen die Genehmigungspflicht für die Parifizierung von Hotelanlagen, die Parteistellung der Gemeinden bei entsprechenden Verwaltungsstrafverfahren sowie höhere Strafen für illegale Freizeitwohnsitze (derzeit in Tirol maximal € 40.000,–).

Zukunftssicherung touristischer Destinationen
Diese Bestrebungen der Bürgermeister sind zu begrüßen, denn das unkontrollierte Wachstum der Freizeitwohnsitze gefährdet aufgrund der im TP-Blog schon mehrfach angesprochenen negativen Effekte (Immobilienpreise, kalte Bette, Ortsbild, Inanspruchnahme der Freizeitinfrastruktur vornehmlich in den Saisonspitzen etc.) die Zukunft unserer Tourismusdestinationen.

14. August 2013, 7:07

Im Dschungel des Föderalismus und der für die Frage der Zweitwohnsitze relevanten verschiedenen Rechtsmaterien, wie Raumordnung, Grundverkehr, Bauordnung etc., wundert es nicht, wenn vor allem in tourismusintensiven Gemeinden oft der Eindruck des „rechtsfreien“ oder „rechtsfernen“ Raumes entsteht. Wie die Novellierung des Grundverkehrsgesetzes in Salzburg zeigt, ist auch niemandem damit gedient, wenn hektisch an einzelnen Schrauben gedreht wird. Es löst das Problem nicht. Dass sich die Gemeinden hier nun stark machen, ist sicherlich ein vielversprechender Ansatz, der auch unterstützt werden sollte. Zu wünschen ist aber eine Beruhigung der Gemüter und eine Versachlichung der Diskussion, die bislang – vor allem medial – oft recht emotional verläuft.

14. August 2013, 12:08

Auch aus Sicht des Hoteliers ist durch teilweise Umwandlung in Zweitwohnsitze nur eine kurzfristige Entlastung erreicht und langfristig besteht durchaus die Möglichkeit zur Verschlechterung der Zukunftsaussichten. Mehr darüber:

http://blog.oeht.at/2012/05/28/apartmentverkauf-fur-bessere-rentabilitat/

14. August 2013, 17:16

Ich denke es ist höchste Zeit sich Gedanken zu machen ,weshalb soviele junge Gastronomen nicht den Betrieb der Elter übernehmen wollen und die Elter verkaufen!

19. August 2013, 9:33

Der Hilfeschrei der Bürgermeister ist verständlich (und notwendig), denn sie brauchen gesetzliche Regelungen, um Instrumente gegen die starke Baulobby in der Hand zu haben. Die genannten Forderungen sind wohl eher das Mindestmaß. Da die gesamte Zweitwohnsitz-Widmungsproblematik Landessache ist, können nur wir Touristiker regional alle möglichen politischen Kontakte nützen, damit gesetzliche Rahmenbedingungen entstehen, die eine ausgewogene touristische Entwicklung schützen.

Bei der teilweisen Umwidmung bestehender Hotels in Appartements oder dem Neubau sogenannter Mixed-Use-Modelle (Hotel + Appartements)sind generelle gesetzliche Kriterien durchaus sinnvoll, aber die Erfahrung zeigt, dass wohl nur eine Einzelfallsbeurteilung klären kann, wie viele verkaufte Appartements notwendig sind, um den Hotelbetrieb nachhaltig (!) zu sanieren bzw. das Investment eines neuen Hotels überhaupt möglich zu machen. „Nachhaltig“ bedeutet in diesem Fall vor allem, dass eine überlebensfähige Betriebsgröße des Hotels gewährleistet ist.

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