8. April 2010 | 12:41 | Kategorie:
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Ringen um Tourismusabgabe

Während im Wallis die Idee einer flächendeckenden Tourismusabgabe im vergangenen November kläglich gescheitert ist, will man im Kanton Graubünden ein vergleichbares Vorhaben mit allen Mittel durchziehen. Zwei Gesetzesalternativen waren bis vorige Woche in Vernehmlassung – mit mässigem Erfolg, wenn man den Medienberichten Glauben schenken darf. Das löst den Eidgenossen ihr Problem nicht: für die Strukturen, die rund um die Destinationsentwicklung entstanden sind, stehen bei weitem nicht die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung.Eine Quadratur des Kreises, die so einfach nicht zu lösen ist.

Vor allem Österreich und die Schweiz als Tourismus-Hochburgen mit föderalistischer Verfassung spüren nach Jahrzehnten des Segens ihrer tourismuspolitischen Autonomie nunmehr auch die Schattenseiten: während der Bund sich im Kernbereich Tourismus in der Regel nur auf grundlegende strategische Empfehlungen beschränken kann (diese allerdings über die Legislative in den Querschnittsmaterien erheblich beeinflusst), füllen die Ländern bzw. Kantone mit ihren Organisations- bzw. Förderungsgesetzen nur einen schmalen Bereich ihres kompetenzrechtlichen Rahmens aus. Die Hauptlast der Exekutive tourismuspolitischer Agenden tragen nach wie vor die Gemeinden, denen hierzu jedoch (meist) das legislative Gegengewicht fehlt. Gerade vor dem Hintergrund schrumpfender Gemeindebudgets bei wachsenden Aufwendungen, vor allem bei Infrastrukturen, sind neue, lösungsorientierte Politikansätze im alpinen Tourismus dringend gefragt.

11. April 2010, 13:29

Die föderalistische Struktur des Tourismus in Österreich hat den Ländern, Gemeinden und Tourismusverbänden viele Vorteile gebracht, und auch angesichts der zunehmenden Herausforderungen im Tourismus ist wohl kaum jemand bereit, diese Aufgabenteilung beiseite zu legen. Zahlreiche herausragende Leistungen im österreichischen Tourismus wären ohne diese Struktur wohl gar nicht zustande gekommen.

Im Gegensatz zu den tourismusintensiven Schweizer Kantonen Wallis und Graubünden hat Tirol eine flächendeckende Tourismusabgabe, die dem Land selbst sowie den Tourismusverbänden wichtige Einnahmen bringt. Auch in Bundesländern ohne flächendeckende Tourismusabgabe können sich Gemeinden als Tourismusgemeinden deklarieren und damit solche Einnahmen generieren.

Angesichts der sich zunehmend öffnenden Schere zwischen knappen Kassen einerseits und steigenden Herausforderungen an die Finanzierung der touristischen Infrastruktur andererseits sind zukunftsorientierte Lösungen zweifellos gefragt. Verbunden damit kann ein erster Schritt der sein, dass – je nach Rechtslage – die Gemeinden oder die Tourismusverbände bei den Pflichtbeiträgen der Unternehmer und den Aufenthaltsabgaben der Gäste jenen Rahmen ausschöpfen, der vom Gesetz her gegeben ist. Dass dies nicht immer leicht fällt, liegt auf der Hand. Auch eine Erhöhung des gesetzlichen Rahmens für Pflichtbeiträge und Aufenthaltsabgaben darf nicht tabu sein – und wird von tourismusintensiven Regionen auch gefordert.

Ein weiterer und noch viel wichtiger Schritt ist die konsequente, Gemeinde- und Regionsgrenzen überschreitende Zusammenarbeit in den verschiedensten Bereichen des Tourismus, insbesondere bei den Infrastruktureinrichtungen. Da tut sich bereits einiges und diese Entwicklungen werden von den Ländern auch forciert. Dahin zielen auch die Bestrebungen der neuen österreichischen Tourismusstrategie, in der zu den Rahmenbedingungen für den Tourismus, zu den Förderungen, zur Infrastruktur und zum Marketing entsprechende Ziele formuliert und z.T. bereits in Umsetzung sind.

Viel versprechende Ansätze in diese Richtung, die auch die Tourismus- und Freizeitwirtschaft betreffen, weist Vorarlberg auf, wo in regionsweiten Projekten und umfassenden Planungsansätzen zukunftsorientierte Lösungen entstanden sind bzw. entstehen: Beispiele sind die Vision Rheintal, die Regionalentwicklung Walgau und die Raumentwicklung Montafon. Hier wird nicht nur geplant, sondern hier werden unter Einbindung aller relevanten Interessengruppen neue Formen der innerregionalen Zusammenarbeit entwickelt und umgesetzt. Sicher muss darüber hinaus noch viel mehr geschehen! Aber jeder Schritt in die richtige Richtung ist ein wertvoller Baustein zur Zukunftssicherung des alpinen Tourismus.

12. April 2010, 10:54

Lieber Peter Haimayer, danke für den ausführlichen Kommentar. Auch wenn die Auswirkungen der föderalen Struktur auf den Tourismus unbestritten positiv sind, scheinen mir neue Lösungsansätze in der mittel- und langfristigen öffentlichen Tourismusfinanzierung dringend gefragt. Die föderale Struktur erweist sich hier – vor allem, was überregionale Lösungen betrifft – zunächst als sperrig. Ich gebe Ihnen allerdings Recht, dass im Rahmen der Österreichischen Tourismusstrategie vor allem im Förderbereich Lösungen angestrebt werden (Stichwort Förderpyramide: kleinere Projekte werden von den Ländern, mittlere vom Bund und Leitprojekte ab einer Größenordnung von z.B. 3 Mio. € von Bund und Ländern gemeinsam getragen). Die von Ihnen aufgezeigten zukunftsorientierten Lösungen sind hochinteressant, weshalb ich hier die Weblinks nachreichen darf:
Vision Rheintal
http://www.vision-rheintal.at
Regionalentwicklung Walgau
http://www.imwalgau.at
Regionalentwicklung Montafon
http://www.stand-montafon.at

25. Oktober 2010, 14:57

Nun scheint es auch in Andermatt ans Eingemachte zu gehen, denn hier diskutiert man eine Tourismusabgabe, die an die Kapazitäten und nicht an die Zahl der Übernachtungen gekoppelt ist. Argument: wer seine Betten übers Jahr auslastet, steigt damit besser aus als jemand, der diese „kalt“ werden lässt. Mehr dazu in der aktuellen online-Ausgabe der hotel und tourismus revue:

http://www.htr.ch/htr-online/neues-tourismusreglement-in-andermatt-22747.html

Und Graubünden? Hier mahlen die Mühlen langsam. Die über 150 Stellungnahmen zur Vernehmlassung zum neuen Tourismusgesetz sollen gesichtet und in einen neuen Vorschlag eingearbeitet werden. Dieser soll im Großen Rat im August 2011 diskutiert werden:

http://www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/dvs/ds/aktuelles/mitteilungen/Seiten/EineTourismusabgabebleibtdasZiel.aspx

26. Oktober 2010, 20:29

In Bezug auf die an die Umsätze gebundene Tourismusabgabe und die Gebühren für Freizeitwohnsitze in Feriengebieten ziehen Schweizer Regionen und Kantone in zunehmendem Maße nach, bei der an die Kapazitäten gebundenen Beherbergungsgebühr bzw. Gästetaxe, die unabhängig von der Bettenauslastung eingehoben wird, begeben sie sich auf die Überholspur. Denn das ist ein Thema, das auch in unseren Breiten schon diskutiert aber nicht weiter verfolgt wurde.

Wichtig erscheint mir nach wie vor der Punkt Zweitwohnungen, die für Ferienzwecke genützt werden. Größenabhängige Gebühren sind richtig, ob sie in ihrer Dimension aber ausreichen und die Flächenbeanspruchung sowie die sonstigen Nachteile für alpine Regionen wettmachen, sei dahingestellt. Und Tourismusabgabe fällt bei Freizeitwohnsitzen keine an, da es sich dabei ja nicht um Betriebe handelt, die Umsätze aus dem Tourismus generieren.

Zahlreiche Orte haben diese Problematik erkannt und sie sind bemüht, bei neuen Zweitwohnungswidmungen restriktiv vorzugehen. Unterstützt werden sie dabei von den Raumplanungsstellen der jeweiligen Landesregierungen. Allerdings lassen sich neue Zweitwohnungswidmungen nicht immer und nicht überall vermeiden, insbesondere dort nicht, wo in größerem Umfang in neue Bettenkapazitäten investiert werden soll. Denn ein Teil dieser Investitionen wird gerne und in zunehmendem Maße über den Verkauf von Zweitwohnungen abgedeckt, wofür natürlich entsprechende Widmungen erforderlich sind. Hier sind die Verantwortlichen in den Gemeinden angehalten, darauf zu achten, dass möglichst viele dieser Objekte in einem bestimmten zeitlichen Umfang für die hotelmäßige Vermietung zur Verfügung stehen. Das belebt das Haus, das belebt den Ort, das bringt Wertschöpfung und aufgrund der gewerblichen Vermietung auch Gästetaxe sowie Tourismusabgabe für die Gemeinden bzw. Tourismusorganisationen.

11. Januar 2012, 16:17

…und wieder ein kleiner Schritt der Graubündner in Richtung Tourismusabgabe:

http://www.htr.ch/aktuell/wer-vom-tourismus-profitiert-zahlt-mehr-30586.html

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