15. Oktober 2019 | 11:44 | Kategorie:
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Destination und Lebensraum – eine Schicksalsgemeinschaft

Lebensraumfragen in Tourismusdestinationen werden bereits seit längerem diskutiert. Auch im TP-Blog finden sich dazu Beiträge und Kommentare. Das Thema Lebensraum und Destination bildete denn auch einen Schwerpunkt bei der Jahrestagung 2019 des ICRET – International Center for Research and Education in Tourism.

Impulsstatements lieferten Josef Margreiter, nunmehr Geschäftsführer der Lebensraum Tirol Holding sowie Harald Pechlaner, Professor an der Universität Eichstätt und der EURAC Bozen. Ersterer erläuterte anhand seines neuen Aufgabenfeldes die Herausforderungen für das Lebensraummanagement im Tourismusland Tirol, der Zweitgenannte knüpfte an der Transitproblematik in Tirol an.

Einige Erkenntnisse in Thesenform

Aus den Beiträgen und der anschließenden Diskussion lassen sich nachstehende Erkenntnisse ableiten:

Lebensraum und touristische Destination weisen zahlreiche Schnittmengen auf, die es im Sinne einer Win-win-Situation zu gestalten gilt. Wirtschaft und Mobilität, Kultur und Natur, Sport und Erholung liefern dazu zahlreiche Anknüpfungspunkte.

Bei der Suche nach und der Umsetzung von Lösungen muss sich der Tourismus im ureigensten Interesse aktiv einbringen. Er sollte z.B. von sich aus an Mobilitätslösungen arbeiten, die auch der vor Ort lebenden Bevölkerung einen sichtbaren und spürbaren Nutzen bringen. Das gilt für die Mobilität innerhalb der Region, aber auch für die Zufahrtsstrecken und die Transitachsen.

Wenn es um notwendige Einschränkungen geht, die von einer oder mehreren Anspruchsgruppen als Unannehmlichkeiten empfunden werden (z.B. Lenkung der Transitreisenden in Tirol im Sommer 2019) besitzen proaktive Kommunikationsmaßnahmen mit nachvollzuiehbaren Begründungen höchste Priorität. Die relevanten Medien, in diesem Fall in den Herkunftsländern der Transitreisenden, zählen dabei zu den ersten Ansprechpartnern.

Zur Verbesserung des Verständnisses gegenüber dem Tourismus und der Tourismusgesinnung sind in erster Linie Projekte gefragt, die für die Destinationsbevölkerung greifbar und nützlich sind. Aufwändige Kommunikationskampagnen hingegen sind in diesem Fall nachrangig. Sie können durchaus ins Leere gehen und im Hinblick auf die Tourismusgesinnung sogar kontraproduktiv wirken.

Um die vielerorts spürbaren, negativen Folgen einer überbordenden Tourismusentwicklung (z.B. Mobilität, Bautätigkeit, Ressortbildung) zu verringern oder  auszuschalten, sind die Kapazitäten und ihre Inanspruchnahme angemessen zu steuern. Es gilt jene Obergrenzen auszuloten und einzuhalten, deren Überschreiten zu physischen und psychischen Belastungen führt. Auf der anderen Seite sind aber auch die Untergrenzen zu beachten, da ihr Unterschreiten wirtschaftliche und gesellschaftliche Nachteile zur Folge haben kann. Nachhaltige Entwicklung setzt nämlich voraus, dass sowohl Ober- als auch Untergrenzen erkannt und respektiert werden.

Die Lebensqualität der Destinationsbevölkerung lässt sich nicht allein anhand ökonomischer Kriterien messen. Vielmehr sind auch subjektive Indikatoren zu berücksichtigen, etwa solche psychologischer Art. Diese sind jedoch wesentlich schwerer zu erfassen und zu quantifizieren.

Schlussfolgerungen

Das Bedürfnis nach einem harmonischen Zusammenspiel von Lebensraum und Destination liegt auf der Hand. Das wird u.a. daran erkennbar, dass Tirol und Südtirol zu diesem Thema unabhängig voneinander nahezu deckungsgleiche Zielsetzungen formuliert haben. Ein qualitativ hochwertiger Lebensraum trägt am Ende des Tages auch zur Stärkung der Marke (nicht allein der touristischen!) bei, nach innen wie nach außen.

Tourismusintensive Regionen bemühen sich mehr und mehr um ein harmonisches Zusammenspiel, um eine Symbiose von Lebensraum und Freizeitraum, wo die Bedürfnisse der Wohnbevölkerung, der Mitarbeitenden und der Gäste Beachtung finden. Peripher gelegenen Tourismusdestinationen geht es in diesem Zusammenhang auch darum, für die nachwachsende Generatione als Lebensraum attraktiv zu sein und die Bevölkerungsdichte zu halten. Die Initiatoren solcher Projekte – Destinationsmanagements, Regionalmanagements, Gemeinden – haben hier noch ein weites und komplexes Aufgabenfeld vor sich. Damit verbunden ist auch die Herausforderung, einer überbordenden Tourismusentwicklung Einhalt zu gebieten.

 

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