28. Februar 2022 | 09:22 | Kategorie:
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Glück und Achtsamkeit als Positionierung im Tourismus

Schneller – höher – weiter – so lautete die Devise, nicht nur im österreichischen Tourismus, bis März 2020. Ein Rekord jagte den nächsten, kaum eine Saison verging ohne neue Jubelmeldungen der Branche.

2019 erreichte Österreich mit mehr als 152 Mio. Übernachtungen ein „alltime-high“. Österreich lag somit mit einer Tourismusintensität von 14,4 Übernachtungen pro Einwohner weit über dem EU-Schnitt mit 6,3 Übernachtungen pro Einwohner. Österreich zählt mit seiner Angebotsvielfalt, den vielen tüchtigen und innovativen Unternehmern, Visionären und einer hohen Qualität an Infrastruktur, Gastronomie und Beherbergung zweifellos zu den Top-Playern im internationalen Tourismus.

Zurück zu Nächtigungsrekorden?

Bis, wie aus dem Nichts, ein kleiner, unsichtbarer Feind und alle damit verbundenen globalen Maßnahmen den Beginn einer neuen Zeitrechnung einläutete. Und Österreich im Jahr 2021 somit fast nur mehr die Hälfte, nämlich rund 79 Mio.Übernachtungen, verzeichnen konnte. Ein harter Schock, der die bisher so erfolgsverwöhnte Branche vor völlig neue Herausforderungen stellte, welche durch massive Stützungsleistungen der Bundesregierung, zumindest finanziell, abgefedert und eingebremst wurden.

Nunmehr, Ende Februar 2022, zeichnet sich durch endlich vollzogene Lockerungen der pandemischen Verordnungsflut, hoffentlich dauerhaftes Licht am Ende des Tunnels ab. Zu wünschen ist vor allem, daß diese Aussage länger Bestand hat als diejenige eines inzwischen Ex-Politikers….

Es stellt sich, für viele schon seit längerem, die Frage: quo vadis Tourismus Austria? Ein „Zurück zu Nächtigungsrekorden“ wird es wohl nicht so rasch geben, wiewohl nach all den Einschränkungen auf den Märkten absolute Reiselust vermeldet wird. Vielleicht könnte der „G-lose“ Zustand ab 5.März sogar der laufenden Wintersaison noch einen finalen Push mitgeben.

Neue Wege zum Glück?

Einen völlig anderen Weg, als eingangs erwähnt, beschreitet jedoch eine Tourismusregion inmitten der Kitzbüheler Alpen. Mit dem Werbeslogan „Mein Yapadu“ – Yapadu ist das selbst kreierte Wort für Glück – setzt die Tourismusregion St.Johann in Tirol schon seit Jahren auf eine völlig andere Form der Positionierung. Die mehrfach preisgekrönte Strategie (u.a. 3x Tirolissimo 2018, Bundeswerbepreis 2019), entwickelt mit Kreativkopf Tom Jank, setzt dabei auf Themen wie Achtsamkeit, Schaffung von Glücksmomenten oder auch neue Glücksevents.

Der Leitsatz -
"Wir wollen Menschen glücklich machen -
das gelingt dann besonders gut, wenn wir selbst glücklich sind"
- wirkt dabei sowohl nach innen wie auch nach außen

In der konsequenten Umsetzung bedient sich die Region dabei durchaus unkonventioneller Methoden. Von Erklärvideos über Glücksfibeln, einer primär auf Softfacts basierenden Yapadu-Auszeichnung für Gastgeber, bis zu poetischen Werbevideos mit Poetry Slammer Lars Ruppel. Oder dem Yapadu Summit Glücksgipfel, einem Event bei dem sich 4 Tage lang alles um Themen wie Achtsamkeit, Glück, Entspannung für Körper, Geist und Seele dreht. Das neue Maskottchen Yappy Yapadu wird ab Winter 22/23 u.a. auch bei den Skischulen der Region für Glücksmomente sorgen.
Mit der YapAcadamy werden für Mitarbeiter und Unternehmer der Region Workshops, Kurse und Seminare, online wie offline angeboten. Mehr Infos zu Mein Yapadu

Gerade in einer Zeit, wo sich viele Menschen mehr denn je nach Glücksmomenten sehnen, zeigt dieses Beispiel einen möglichen neuen Ansatz , wie künftig Regionen SINNbehaftet und GLÜCKSstiftend gestaltet und erlebbar gemacht werden können.
Und weniger Nächtigungsrekorde, sondern vielmehr der Wunsch nach Glück in und mit der Arbeit, nach Lebensglück und Zufriedenheit in den Vordergrund rücken? Achtsamer Umgang mit Gästen, mit Mitarbeitern und, vor allem – mit sich selbst!

Schlussendlich wollen wir doch alle glücklich sein….wir meinen Glück, wir sagen Mein Yapadu…

 

2. März 2022, 9:29

Lieber Gernot, diese neue Positionierung klingt sehr interessant und nach „möglichem neuen Weg“ in und nach der Pandemie. Viele haben ja erwartet, dass sich nach Beendigung der Pandemie neue Wege und Verhaltensweisen sozusagen „von selbst ergeben würden“, was wohl vermutlich so nicht passieren wird.

Mir stellt sich bei alternativen Wegen immer die Frage nach dem (messbaren) „Erfolg“: gibt es bei euch im Zusammenhang mit der neuen Positionierung neue oder andere Erfolgsmaßstäbe, an denen die neue Strategie, aber auch die verantwortlichen Strategie-Umsetzer gemessen werden? Wenn das Ziel der neuen Strategie lautet, so bald wie möglich gleiche/ähnliche Zahlen zu erreichen wie im Jahr 2019, dann wäre die Positionierung immer noch ein interessanter Ansatz, aber halt nicht ganz so neu und alternativ. Wenn die Erfolgsmaßstäbe anders oder niedriger angesetzt sind, bedeutet dies, dass die Tourismusbetriebe in der Region bewusst auf Auslastung verzichten oder diese begrenzen?

2. März 2022, 13:48

Hallo Hans, so schnell wie möglich wieder bei Zahlen aus dem Jahr 2019 zu landen, wird wohl ohnehin noch ein bissl dauern 🙂 und ist daher rein quantitativ auch nicht unser Ziel.

Die Gradwanderung wird sein, ein einerseits zwar wieder bestmögliches Maß an Auslastung zu erzielen, jedenfalls aber IMMER mit dem Fokus der optimierten Wertschöpfung, denn DAS muss eigentlich oberstes wirtschaftliches Ziel sein. In vielen Bereichen wird Wirtschaftlichkeit dennoch immer eine gewisse Menge an Kunden benötigen…
Wieweit (touristische) Positionierungen abseits der einzelbetrieblichen Ebene in klar nachvollziehbaren Zahlen messbar sind/sein können, lasse ich mal dahingestellt…

Wir versuchen als Region, ganz bewusst NICHT auf Masse zu setzen, sondern vielmehr in ZUsammenarbeit mit Betrieben glücksstiftende Servicemomente zu schaffen, Gäste wie Einheimische ganz bewusst mit Glücksthemen zu konfrontieren und dadurch auch zur Entschleunigung und dem achtsam(er)en Umgang mit sich selbst und anderen beizutragen. Wir waren VOR Corona nicht auf quantitative Rekordjagd ausgerichtet, und sind es nachher auch nicht.
Schlussendlich wird es für die gesamte Branche wichtig sein, ein vertretbares Maß zwischen unternehmerischen Notwendigkeiten und gesellschaftlich-menschlichen Bedürfnissen zu finden, um auch eine breitestmögliche Akzeptanz des Tourismus (Stichwort: Tourismusgesinnung) zu ermöglichen.

Hinsichtlich Messbarkeit haben wir, ähnlich wie es Bhutan seit einiger Zeit mit dem „Bruttonationalglück“ macht, bei unseren Unternehmern den „Zufriedenheits-Glücksindex“ abgefragt…allerdings war das VOR Corona, somit ist aktuell die Vergleichbarkeit/Messbarkeit nicht unbedingt gegeben.

Aber derart emotionale Zustände wie „Glücklich sein“ sind vielleicht auch nicht unbedingt messbar, aber hoffentlich für viele irgendwann spürbar….

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