3. August 2010 | 13:05 | Kategorie:
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Über die berechtigten Schwierigkeiten beim Kauf eines „Magnum“….

Neulich berichtete mir mein Sohn, dass es ihm  – wieder mal – nicht gelungen wäre, ein Exemplar seines heißgeliebten Eises namens „Magnum“ im örtlichen Supermarkt zu kaufen. Da er nur 1,50 € von seinem Taschengeld übrig hatte, scheiterte sein Versuch „anschreiben“ zu lassen kläglich. Die Dame an der Kassa meinte, sie kenne ihn nicht und die „angezahlte Summe“ wäre zu gering, für den Fall, dass er mit dem Fehlbetrag nicht mehr zurückkäme. Zur Rekapitulation: ein Magnum  kostet 2,– €  und er verfügte über 1,50 €. Ergebnis: kein Eis trotz 34 Grad Außentemperatur und  einer opulenten „Eigenkapitalquote“ von 75%. Zuhause beschwerte sich mein Sohn fürchterlich über diese „Gemeinheit“, auch in Erwartung meiner Anteilnahme und Zustimmung. Er zeigte sich denn auch einigermaßen verwundert, als ich ihm sagte, dass aus meiner Sicht die Dame an der Kasse völlig recht hatte – vor allem Anbetracht der Tatsache, dass ihm das durchaus öfter passiert. Monat für Monat „fehlen“ ein paar Euro „Einnahmen“ zur Deckung seiner geplanten  „Ausgaben“ – oder anders formuliert – der Monat ist oft erst nach dem Taschengeld zu Ende …

Ausgehebelte „Cash Flow“ Gesellschaft

Kein Kind, kein Unternehmer, kein Staat kann auf Dauer mehr ausgeben, als er einnimmt. Was völlig plausibel klingt, scheint mittlerweile weitestgehend in Vergessenheit geraten zu sein. Wir leben heute in einer „Cash Flow“ Gesellschaft mit der vorherrschenden Auffassung, dass alles, was mit Zins und Tilgung  „refinanziert“ werden kann (z.B. durch Aufnahme neuer Mittel) „leistbar“  und damit auch in gewisser Weise „richtig“ ist. Immer „schräger“ neigt sich die (Finanz-)Lage, wenn ergänzend auch noch die  altbekannte „Leverage Logik“ für überproportionale  Fremdkapital-Tranchen zur weiteren Rentabilitätsoptimierung ins Treffen geführt wird – oftmals  ein Privileg des „besonders guten“ Schuldners.

Denkfehler Basel III

Volkswirtschaftlich kann man das Ergebnis dieser Logik zumindest seit 50 Jahren an den zunehmend überschuldeten Industriestaaten „besichtigen“. „Krisen“ werden dabei als „Konjunkturdellen“ beschönigt. Der eigentliche Fehler im Denken und Handeln besteht bereits seit den Nachkriegs-Boomjahren.  Sowohl Politiker als auch viele Unternehmen verwechseln die „Machbarkeit“ einer Finanzierung fälschlicherweise mit deren Richtigkeit bzw.  – noch besser –  mit der Werthaltigkeit der damit finanzierten Investitionen.

Die aktuelle Basel III Diskussion denkt diesbezüglich ein weiteres Mal Komplexität zu „einfach“. Eine falsche“, weil nicht werthaltige kreditfinanzierte Investition darf nicht erleichtert werden. Das Argument des sonst  drohenden sinkenden „Wirtschaftswachstums“ bleibt immer dann langfristig falsch, wenn mit Krediten „falsche Investitionen“ finanziert werden.

Fazit für Staat wie Unternehmer:

  • Nicht alles, was finanzierbar ist, ist auch richtig!
  • Schulden waren,  sind und bleiben ein grundsätzliches Problem: auch und gerade dann, wenn man einen Kredit bekommt.
  • Vorzeitige Schuldentilgungen sind und bleiben richtig in guten Zeiten, weil sie Abhängigkeiten und externe Einflussnahmen verhindern und damit im guten Sinne „befreiend“ wirken.
  • Nur weil „es“ bei anderen (Staaten und Unternehmern) „funktioniert“, ist das noch lange kein Grund dafür, dass es richtig ist.
  • Benchmarking heißt mehr denn je, zu analysieren,  was „nicht geht“ und das dann konsequent auch „nicht zu tun“.
  • Für den Tourismus gilt natürlich das gleiche – (sentimentale) Extrabetrachtungen des Sektors sind fehl am Platz.
  • Ein „Magnum“  schmeckt wunderbar, ist aber nicht werthaltig  und keine Investition – die Schokolade ist auf der Zunge geschmolzen und verdaut, eine Restschuld hätte keinen Gegenwert!

Die Dame an der Kassa hatte also einen realistischen und pragmatischen Blick auf die Realität und wäre schon allein deshalb definitiv zu Höherem berufen!

4. August 2010, 11:26

Leider gibt es wenig solcher Kommentare, dementsprechend überwiegt auch die „Ich möchte alles, möglichst billig und sofort“-Mentalität in der Gesellschaft. Dass bei Konkursen (und auch Privatkonkursen) durch diese falsche Einschätzung der individuellen Finanzlage (z.T. auch der Banken in puncto Kreditwürdigkeit) stets viele Unschuldige zum Handkuss kommen, das schwächt eigentlich die finanzielle Kraft von Unternehmen … wie auch der Volkswirtschaft. Die Politik lebt es leider in negativer Weise vor. Besten Dank für diesen konstruktiven Beitrag!

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